Brandenburg: Mahler bringt Schöneburg in Erklärungsnot
Rechtsextremist konnte im Gefängnis unter den Augen der Justiz seine Hetzschrift verfassen
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Potsdam - Im Skandal um die von Horst Mahler in Brandenburger Haft verfassten antisemitischen Schriften gerät Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) in Erklärungsnot. Denn die Leitung der Vollzugsanstalt (JVA) in Brandenburg/Havel war weitaus früher über das antisemitische Buchprojekt des prominenten, wegen Volksverhetzung einsitzenden Rechtsextremisten informiert als bislang bekannt. Zudem besteht der Verdacht, dass die Haftanstalt nicht entschieden gegen eine mögliche Straftat einschritt, sodass Mahler unbehelligt über mehrere Monate weiter seine Hetzschrift verfassen konnte. Darüber hinaus hat offenbar die Anstaltsleitung eigenmächtig und ohne Rücksprache mit Ministerium und Staatsanwaltschaft den Inhalt von Mahlers Pamphlet geprüft und als nicht strafrechtlich relevant eingestuft. Das bestätigte das Justizministerium am gestrigen Montag auf PNN-Anfrage.
Demnach hatten Vollzugsbeamte bereits am 13. Dezember 2012 die Schriften Mahlers, an denen er seit November 2011 arbeitete, auf dessen Privat-Computer bemerkt. Konquenzen hatte dieser Fund zunächst nicht, das Datenmaterial „wies nach Einschätzung der Anstalt keine strafrechtliche Inhalte auf“, wie das Ministerium den PNN mitteilte. Noch sieben Wochen lang konnte Mahler den Computer nutzen. Den hatte die JVA Mahler gestattet, weil laut Ministerium ein renommiertes Institut die Mitarbeit des früheren RAF-Anwaltes an einem Forschungsprojekt zur Geschichte der Rote-Armee-Fraktion gewünscht hat.
Erst Anfang Februar schritt die Haftanstalt ein – allerdings nicht von selbst. Bereits vor dem Fund der Hetzschrift hatte das Justizministerium entschieden, den Privat-Computer „wegen Bedenken hinsichtlich der Kontrollierbarkeit“ gegen einen Anstaltsrechner auszutauschen. Doch auch den vom Gefängnis gestellten Computer nutzte Mahler zur Arbeit an seinem Manuskript für sein Buch „Das Ende der Wanderschaft“. Mitte März wurde es aus dem Gefängnis ins Internet geladen. Doch das Justizministerium hat erst zwei Monate später, Mitte Mai, davon erfahren. Der Verfassungsschutz machte das Ministerium darauf aufmerksam. Erst danach informierte die Haftanstalt über den Fund des Buches auf dem Rechner. Ende Mai beantragte die Staatsanwaltschaft einen Durchsuchungsbeschluss, seit Juni wird wegen Volksverhetzung ermittelt.
Bislang war nur bekannt, dass Mahler einen Privat- und einen Anstaltscomputer für die Hetzschrift nutzte. Neu sind die Zeitabläufe. Nun wird Schöneburg am Donnerstag im Rechtsausschuss des Landtages erklären müssen, was in der JVA Brandenburg vor sich ging. Das wertet das Ministerium derzeit noch aus, „um auszuschließen, dass sich Ähnliches wiederholt“. Die Prüfung auf Fehlverhalten bei Vollzugsbediensteten und ob Disziplinarverfahren eingeleitet werden, steht kurz vor dem Abschluss. Schöneburg hatte die Anstaltsleitung bereits verteidigt. Eine Sonderbehandlung für den prominenten Häftling, wie es die CDU-Opposition vermutet, habe es nicht gegeben. „Die Leitung der JVA ist nicht auf dem rechten Auge blind“, hatte Schöneburg gesagt.
Mahler ist nach dem Fund des Buches aus dem offenen Vollzug in die geschlossene Abteilung zurückverlegt und die Genehmigung zur Nutzung eines Computers entzogen worden. Sein Schriftverkehr wird kontrolliert. Der 77-Jährige ist einer der bekanntesten Rechtsextremisten und Holocaust-Leugner in Deutschland. Er war Mitbegründer der RAF, wurde dann aber Rechtsextremist und war Anwalt der NPD im letzten Parteiverbotsverfahren. In seinem 235 Seiten langen Pamphlet hetzt er gegen Juden und propagiert den Nationalsozialismus.
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