Fahrtenbuch-Affäre: Markov hat sich bei Dienstwagen verrechnet
In Brandenburgs Fahrtenbuch-Affäre muss das Finanzministerium sein eigenes hartes Vorgehen gegen Regierungsmitglieder korrigieren.
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Potsdam - Bei der Berechnung des geldwerten Vorteils für Fahrten mit den Dienstwagen auf Grundlage der sogenannten Ein-Prozent-Regelung hat das von Helmuth Markov (Linke) geführte Ministerium Fehler gemacht. „Es hat eine Korrektur hinsichtlich der Bemessungsgrundlage gegeben“, sagte Ministeriumssprecherin Ingrid Mattern. „Es gab Differenzen darüber, was alles hineingerechnet werden darf.“ Anfang August hat sich Markov in einem Schreiben an frühere und aktuelle Regierungsmitglieder gewandt. Darin heißt es, dass in den Bruttolistenpreisen der Dienstwagen „Ausstattungsmerkmale für Telefon und Winterräder enthalten waren“, die dabei nicht zu berücksichtigen seien. Deshalb habe das Ministerium bei bei Händlern zunächst „Einzelaufstellungen der jeweiligen Bruttolistenpreise untergliedert nach den einzelnen Ausstattungsmerkmalen“ angefordert und rechnet noch mal neu.
Frühere und aktuelle Regierungsmitglieder können nun damit rechnen, etwas weniger Steuern nachträglich zahlen zu müssen. Je Regierungsmitglied schwankt der geldwerte Vorteil, der beim Finanzamt nachversteuert werden muss, zwischen 900 und 26 600 Euro pro Jahr. Für einzelne Minister, die wie einige Minister und Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) als Vielfahrer gelten, dürften Summen von mehreren Zehntausend Euro auflaufen. Bei Platzeck sollen es dem Vernehmen nach 50 000 Euro sein. Das legt auch der Abgleich mit dem Listenpreis von knapp 140 000 Euro für seinen Mercedes S 400 Hybrid nahe.
Markov hatte nach der Dienstwagen-Affäre um Ex-Bildungsminister Holger Rupprecht 213 Fahrtenbücher der Minister und Staatssekretäre bis 2007 prüfen lassen. 191 Fahrtenbücher, also 90 Prozent, wiesen Mängel auf. In diesen Fällen wird nachträgliche die Ein-Prozent-Regelung angewandt. Damit hat der Nutzer eines Dienstwagens monatlich ein Prozent des Bruttolistenpreises zu entrichten. Dies ist bei den teuren Regierungswagen finanziell ungünstiger als die Abrechnung per Fahrtenbuch. In den bemängelten Fahrtenbüchern fehlen genaue Angaben über besuchte Behörden und Firmen. Allerdings ist dies über Jahre vom Brandenburgischen Landesbetrieb (BLB), der dem Finanzministerium untersteht, geduldet worden. Markov aber sieht sich zu dem harten Vorgehen wegen des Gleichheitsgrundsatzes verpflichtet. Das könnte ihm nun auf die Füße fallen. Selbst Ministeriumsmitarbeiter waren sich unsicher, auch ein Gutachten säte Zweifel.
Mehr als 20 frühere und amtierende Regierungsmitglieder wollen die Steuernachforderungen zwar zahlen, aber dann das Geld vom Land zurückfordern. Schadenersatzklagen gegen das Ministerium wollen sie im Herbst einreichen. Wenn sie Erfolg haben, würde das Land dafür nachträglich aufkommen – für eine Steuer, die nicht komplett im Land bleibt. Am liebsten sähen es die Betroffenen, wenn Markov noch vor der nächsten Landtagswahl vor Gericht eine Niederlage einstecken muss. Ex-Staatskanzleichef Clemens Appel, der das Vorgehen der Gruppe koordiniert, sagte, das Land hafte, wenn die Fahrer die Fahrtenbücher fehlerhaft geführt haben. Dass das Ministerium nun Fehler bei der Berechnung einräumt, ist für Appel zusätzlich Anlass zu Misstrauen. „Dass so ein Umstand nach fast zwei Jahren Prüfung herauskommt, ist schon belustigend“, sagte er. Möglicherweise habe das Ministerium ein zweites Mal Kosten für Fahrer und Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung berechnet. Dabei hätten die Regierungsmitglieder dies in ihren Steuererklärungen längst abgegolten.
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