Brandenburg: Massiver Antibiotika-Einsatz in Brandenburgs Ställen
Das vom Bund eingeführte Meldesystem hat erste Konsequenzen für brandenburgische Landwirte
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Potsdam - Als Folge aus dem neuen Meldesystem zum Antibiotika-Einsatz in der Tiermast müssen 141 Betriebe in Brandenburg ihren Verbrauch senken. Die Betriebe gehören zu der Gruppe, die bundesweit am meisten Antibiotika verbrauchen, wie aus einer Antwort von Verbraucherschutzminister Helmuth Markov (Linke) auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht. Das Meldesystem funktioniert noch nicht fehlerfrei. Ein Teil der von den Tierhaltern mitgeteilten Werte habe sich nicht als plausibel erwiesen, sagte Markov. 215 Betriebe meldeten gar keine Daten.
Das neue Arzneimittelgesetz von 2014 verpflichtet Bauern mit einer bestimmten Betriebsgröße dazu, alle sechs Monate zu melden, welchen Wirkstoff sie wie vielen Tieren in welchen Mengen über wie viele Tage geben. Betroffen sind Betriebe mit Hühnern, Puten, Schweinen und Rindern. In der Tiermast sollen weniger Antibiotika eingesetzt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Medikamente bei der Behandlung von Krankheiten beim Menschen nicht mehr wirken. Deshalb müssen die Landwirte nun ihren Verbrauch regelmäßig mit bundesweiten Daten zur Therapiehäufigkeit vergleichen.
Wer zu den 25 Prozent mit den höchsten Arzneimittelgaben zählt, muss einen schriftlichen Maßnahmenplan zur Senkung des Antibiotikaeinsatzes erarbeiten und diesen der zuständigen Überwachungsbehörde vorlegen. Die Behörde kann außerdem Änderungen anordnen und weitere Maßnahmen verlangen. Im Extremfall kann dem Landwirt das Ruhen der Tierhaltung drohen, heißt es dazu beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
Im März wurden erstmals Vergleichszahlen veröffentlicht. In Brandenburg lagen 141 Betriebe im obersten Viertel und müssen ihren Verbrauch nun senken. Zu den teilweise fehlerhaften Mengenangaben von Landwirten sagte der Minister, er gehe davon aus, dass sie auf die mangelnde Erfahrung der Tierhalter mit dem Meldesystem zurückzuführen sind. „Gegenwärtig wird mit den Überwachungsbehörden an der Fehlersuche gearbeitet und die weitere Begleitung der Tierhalter bei der Erfassung der Daten abgestimmt, um sinnvolle und aussagekräftige Daten zum Antibiotikaeinsatz in Brandenburg zu erhalten“, erläuterte Markov.
Ob die 215 Betriebe, die nichts meldeten, tatsächlich auch keine Antibiotika anwenden, ist unklar. Laut Markov müssen Betriebe auch keine Angaben machen, wenn in einem Halbjahr keine Antibiotikaanwendungen erfolgten. Eine Begründung gegenüber der Behörde, warum keine Mitteilungen erfolgten, sei nicht erforderlich.Daher könnten nur Kontrollen vor Ort zeigen, ob die Tierhalter tatsächlich auf die Medikamente verzichten.
Außer in Brandenburg gab es auch in anderen Regionen Probleme: Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) hatte die Bundesländer im Frühjahr aufgefordert, das neue Meldesystem zum umstrittenen Antibiotika-Einsatz in der Tiermast konsequent umzusetzen. Umweltschützer halten das Gesetz für unzureichend. Eine echte Sanktion drohe den Landwirten kaum, sagte Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Kleinere Betriebe müssten ihre Daten nicht melden, ebenso seien Zuchtbetriebe und Fischbetriebe ausgenommen. Um eine wirkliche Reduzierung der Antibiotikagaben zu erreichen, seien konkrete Ziele notwendig. Das alleinige Melden der Daten reicht aus ihrer Sicht nicht aus. Anja Sokolow
Anja Sokolow
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