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Brandenburg: Medienanalyse offenbart Linke-Defizite

Linke ließ Präsenz ihrer Fraktion und Minister in Medien untersuchen: keine offensiven Themen, „kein abgestimmtes Agieren“

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Potsdam - Brandenburgs Linke haben in rot-roter Regierungsverantwortung ein Kommunikationsproblem, das auch auf Mängel in Koordination und Strategie zurückzuführen ist. Das ist im Kern das Fazit einer den PNN vorliegenden internen 40-Seiten-Analyse zur Medienpräsenz der Linke-Minister und der Landtagsfraktion, von der die Expertise selbst in Auftrag gegeben wurde. Das Dresdner Institut für Medien, Bildung und Beratung des früheren sächsischen Linke-Landtagsabgeordneten Heiko Hilker (parteilos) hatte dafür vom 15. August bis 2. Oktober 2011 die Medien in der Region ausgewertet, mit dem Ergebnis: „Es sind keine Themen zu erkennen, mit denen die Linke die Öffentlichkeit besetzt, wo Veränderung zielgerichtet angestrebt wird.“ Die Linken stellen mit Finanzminister Helmuth Markov den Vize-Regierungschef. Doch nach der medialen Darstellung sei „kein ,ministeriumsübergreifendes’ Agieren“ zu erkennen, heißt es. „Es gibt keine Berichterstattung aus der man ableiten könnte, dass Minister und Fraktion zielgerichtet und insgesamt aufeinander abgestimmt agieren.“ Eigene Erfolge wie etwa der Mindestlohn seien „mehr eine Randnotiz, sie gehen weitestgehend unter“. Dabei tauchen die Regierungs-Linken in Medien durchaus auf. Die Expertise zählte etwa auf den Landesseiten der Potsdamer Neuesten Nachrichten 66 Artikel, in den großen Regionalzeitungen Märkische Allgemeine 64, der Märkischen Oderzeitung 61, in der Lausitzer Rundschau 32 Linke-Treffer. In diesen vier Zeitungen sei die „Botschaft“ für die eigene Linke–Klientel in 113 Artikeln „neutral“, bei 87 „negativ“ und bei 23 „positiv“ gewesen.

Pikant sind auch die Befunde zur RBB-Nachrichtensendung „Brandenburg aktuell“: Die Analyse registriert ein „Übergewicht“ der SPD-Regierungsmitglieder, die dort 71 Mal auftauchten, die Linke-Minister 47 Mal, was „teilweise“ mit „diplomatischen Terminen“ von Matthias Platzeck – bezeichnet als „Regierungspräsident“ – erklärt wird. Unter den Landtagsfraktionen sind die Linken mit elf Treffern Spitze, gefolgt von CDU (10), SPD (6) Grünen (5) und FDP (2). „SPD-Minister kommen öfter auch mit Kleinigkeiten (Daten, Mitteilungen) vor, Linke-Minister ... nur selten“, heißt es. Mit einer „Ausnahme“, nämlich Wirtschaftsminister Ralf Christoffers. Notiert wird auch, dass bei Studiogesprächen „zum Teil nicht hart nachgefragt“ wird.

Die Analyse bestärkt Sorgen der Linken, in der rot-roten Koalition an Profil zu verlieren. Während die Untersuchung lief, waren in Berlin die Linken bei der Abgeordnetenhauswahl eingebrochen und aus dem Senat geflogen. Und im Land selbst hatte Ende August eine repräsentative Umfrage den Linken in der Wählergunst Verluste in früheren Kernkompetenzen Soziales und Bildung bescheinigt, was sich mit der Analyse deckt. Als Grund wird ausgemacht, das die SPD die Ressorts Bildung und Arbeit hat. Dort besitze man „keine Regierungsverantwortung“, heißt es. „Erfolge werden so zwangsläufig durch den Koalitionspartner medial angeeignet.“ Die Expertise befürchtet infolge von Konflikten um Themen wie Lärmschutz am Flughafen Schönefeld, Kürzungen, Braunkohle/CCS-Technologie, Schulabbrecher, kommunale Verschuldung, Zustimmungsverluste für die Linken: „Auch wenn es um Ausgleich im Gemeinwesen geht: Man darf die hinter einem stehenden Interessen- und Wählergruppen nicht überdurchschnittlich stark belasten, wenn man nicht so seine Regierungsmacht verlieren will.“ Nötig sei eine „kluge Selbstbeschränkung“, eine Konzentration auf wenige Projekte, auch mit Blick auf das „Heimatmilieu“. Zudem verstehe es Brandenburgs SPD, „Kontroversen aufzubauen, die die Linke medial unter Druck setzen“. Als Stichwort wird die Stasi-Überprüfung – gemeint ist offenbar die Polizei-Linie von SPD-Innenminister Dietmar Woidke – genannt.

Oftmals werde „strategiefrei gehandelt“, so das Papier, doch sei eine Strategie für die Linken nötig, eine offene Auseinandersetzung mit Defiziten. Denn die SPD habe der Linken in Brandenburg 20 Jahre Regierungserfahrung voraus, und könne „auf ganz andere Netzwerke und Erfahrungen zurückgreifen“. Im Kontrast zu den realen Befunden wird ein radikaler Anspruch formuliert: „Mit Regierungsmacht Begriffe besetzen und gesellschaftliche Hegemonie gewinnen.“

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