Brandenburg: Medienschelte auf Landesparteitag Brandenburger Linke greift RBB und PNN an – und rudert dann zurück
Potsdam - Als Parteichef waren von ihm selten klare Worte zu hören. Doch seinen Abgang auf dem Linke-Parteitag nutzte der scheidende Linke-Vorsitzende Stefan Ludwig, der Vizechef der Landtagsfraktion ist und auch wieder für das Parlament kandidiert, ausgerechnet dazu, den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ scharf anzugreifen.
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Potsdam - Als Parteichef waren von ihm selten klare Worte zu hören. Doch seinen Abgang auf dem Linke-Parteitag nutzte der scheidende Linke-Vorsitzende Stefan Ludwig, der Vizechef der Landtagsfraktion ist und auch wieder für das Parlament kandidiert, ausgerechnet dazu, den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und die „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ scharf anzugreifen. Und zwar wegen kritischer Berichterstattung über die umstrittene Millionenförderung für das insolvente Solarunternehmen Odersun und einer weiteren Förderpleite. „Ich beobachte ein zunehmend abgestimmtes Vorgehen des Öffentlichen Rundfunks, einer Potsdamer Zeitung – und der CDU-Fraktion, aber ohne zu informieren, sondern um falsche Tatsachenbehauptungen wieder und wieder aufzustellen“, hatte Ludwig wörtlich gesagt. Der Sender und diese Zeitung weisen die Vorwürfe zurück. Und der neue Parteichef Christian Görke bemühte sich sofort um Schadenbegrenzung und Korrektur: „Die Linke glaubt an guten Journalismus und ein kritischer Journalismus gehört auch zur Außensicht auf uns“, sagte der 51-Jährige.
Es war nicht die einzige Linke-Entgleisung dieser Art auf dem Parteitag. Wie berichtet hatte am Freitag bereits Landesgeschäftsführerin Andrea Johlige den RBB scharf attackiert und ihre Partei sogar aufgefordert, über den Rundfunkrat Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen. „Wir müssen erreichen, dass sich ein öffentlich-rechtlicher Sender nicht daran beteiligt, Politik zu delegitimieren“, hatte Johlige erklärt, die mit dem sicheren Listenplatz 15 in der neuen Landtagsfraktion vertreten sein wird. Johlige ruderte am Sonntag auf dem Parteitag zurück. Zuvor hatte sich der Sprecher des rbb, Justus Demmer, gegen die Anwürfe verwahrt. Johliges Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, sagte er. „Zu fragen wäre auch, welcher Tradition die Idee entspringt, eine Partei könne oder solle Einfluss auf die Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen.“ Über Sendungen und Inhalte entscheide nur der rbb selbst. Der Chefredakteur der PNN, Peter Tiede, sagte gegenüber dpa: „Der Vorwurf von Herrn Ludwig ist so absurd, dass sich jeder Kommentar erübrigt.“ Die Forderung von Johlige sei ein Skandal: „Da zeigt die Linke, was sie von Freiheit hält.“ Glücklicherweise sei es seit 24 Jahren vorbei, dass sich die Medien von Parteien in die Berichterstattung reinreden lassen müssten.
RBB und PNN hatten mehrfach über die Entscheidung von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) berichtet, gegen den Rat des eigenen Ministeriums, eines Gutachters und der Investitionsbank (ILB) Odersun drei Millionen Euro Rettungsbeihilfe zu bewilligen. Sechs Wochen später war die Firma pleite. Christoffers begründete seine Entscheidung stets damit, er habe 260 Arbeitsplätze in der strukturschwachen Region im Osten Brandenburgs sichern wollen, was laut Landesrechnungshof aber zu diesem Zeitpunkt bereits aussichtslos war. Im weiteren Fall der Pleitefirma Human Bioscience wird Christoffers und der Förderbank vorgeworfen, trotz Hinweisen auf Unseriosität des Unternehmens eine 3,2-Millionen-Förderung ausgezahlt zu haben. „An den Vorwürfen ist nichts dran“, sagte Christoffers auf dem Parteitag und dankte den Genossen für „die Solidarität“.
Schon nach dem Rücktritt von Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) wegen der Gefängnisaffäre, den er wegen Kontakten von Ex-Mandanten, die als Schwerkriminelle in der JVA Brandenburg sitzen, zum Minister-Handy und wegen einer auf seine Weisung gestoppten Zwangsverlegung in eine andere Anstalt erklärte, hatte es aus den Reihen der Linken Kampagnen-Vorwürfe gegeben.
Dennoch sind die Linken nicht die Einzigen, die mit der Unabhängigkeit der Medien schon mal ein Problem haben. So hatte Regierungssprecher Thomas Braune direkt beim RBB-Chefredaktur wegen eines Beitrags über den damaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) interveniert. Und die frühere CDU-Landeschefin Saskia Ludwig hatte juristische Auseinandersetzungen mit diversen Medien und auf einem CDU-Landesparteitag anwesende Journalisten direkt angegriffen. Allein von Grünen und FDP gab es seit 2009 keine Vorfälle dieser Art. Thorsten Metzner (mit dpa)
Thorsten Metzner (mit dpa)
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