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Für bessere Bildungschancen: Mehr Förderung für Kinder aus Risikofamilien

Jedes vierte Kind hat in Brandenburg geringere Bildungschancen wegen seiner sozialen Herkunft. Ministerin Münch will gegensteuern.

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Potsdam - Viele Schüler haben weit mehr auf ihren Schultern zu tragen als einen schweren Ranzen. In Brandenburg kommt etwa jedes vierte Kind aus einer sogenannten Risikofamilie, weil die Eltern entweder arbeitslos, arm oder ohne Berufsabschluss oder Hochschulreife sind. In Berlin sind es 36 Prozent der Kinder. Sie haben deutlich geringere Bildungschancen als andere Kinder.

Das illustriert der am Freitag in Potsdam vorgestellte dritte Bildungsbericht für Berlin und Brandenburg des Brandenburger Bildungsministeriums, der Senatsbildungsverwaltung und des Statistischen Landesamtes. Es gibt allerdings auch Zeichen einer leichten Verbesserung: Vor fünf Jahren kamen noch 30 bzw. 40 Prozent der Kinder aus solchen Familien. Das rund 280 Seiten dicke Dokument erschien nach 2008 und 2010 bereits zum dritten Mal. Das Landesamt für Statistik und das Institut für Schulqualität erfassten Daten von 2011 bis 2013: von der Kita bis zur Weiterbildung.

Als Konsequenz aus den Zahlenwerken sollen Kinder aus sogenannten Risikofamilien in Berlin und Brandenburg künftig mehr unterstützt werden. Die individuelle Förderung müsse früher ansetzen, sagte Münch (SPD). Nach Angaben von Münch wird die Entwicklung der Kinder verzögert, wenn Eltern keinen Job haben, das verfügbare Haushaltseinkommen unter der Armutsgrenze liege oder die Familien als bildungsfern gelten.

Allerdings sind die Bildungschancen in Brandenburg und Berlin auch gewachsen. Immer mehr Schüler in beiden Ländern machen einen Schulabschluss, sagte Münch. Das wird am Vergleich der Altersgruppen zwischen 25 und 35 Jahren sowie 50 und 65 Jahren deutlich. Ein Prozent der jüngeren Frauen in Brandenburg hat keinen Schulabschluss, bei den älteren sind es zwei Prozent. Über eine Fach- oder Hochschulreife verfügt die Hälfte der Frauen in der jüngeren Altersgruppe – mehr als doppelt so viel wie bei den älteren Frauen. Bei den Männern gibt es überraschende Ergebnisse: Der Anteil ohne Schulabschluss bei den jüngeren Männern ist im Vergleich zur älteren Altersgruppe mit vier Prozent doppelt so hoch. Auch haben Männer seltener ein Abitur oder Fachabitur absolviert als Frauen. Der Anteil stieg von 24 auf 36 Prozent. In Berlin haben in allen beiden Altersgruppen mehr Frauen und Männer Abitur. Aktuell schaffen allerdings deutlich weniger Schüler einen Schulabschluss als in den älteren Altersgruppen. In Brandenburg ist der Anteil seit 2009 von 11 Prozent auf 8 Prozent im vergangenen Jahr gesunken. In Berlin sank deren Anteil von 12 auf 9 Prozent.

Grundsätzlich haben sich die Leistungen der Schüler verbessert, Brandenburg ist deutschlandweit nicht mehr Schlusslicht. Bei den jüngsten Ländervergleichen hätten sie deutlich besser abgeschnitten und gehören in Mathematik und in den Naturwissenschaften inzwischen zur bundesweiten Spitze. Die Viertklässler in Brandenburg liegen mit ihren Leistungen im deutschlandweiten Vergleich im Durchschnittsbereich, die Berliner deutlich darunter. Brandenburger Neuntklässer haben mit ihren Leistungen inzwischen die Spitzengruppe erreicht, auch hier schwächelt Berlin. Der Grund dafür ist nach dem Ergebnis des Bildungsberichtes, dass in Brandenburg die Schülerschaft weitaus homogener ist als in Berlin. Während etwa bei der Lesekompetenz und der Kita-Nutzung die Unterschiede zwischen den Regionen Brandenburgs moderat sind, gibt es innerhalb Berlins große Differenzen. Gerade Familien, in denen zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird, schicken ihre Kinder seltener vor dem dritten Lebensjahr in Kitas. Das dürfte einer der Gründe sein, wieso fast jedes zweite Kind aus Migrantenfamilien bei den Einschulungsuntersuchungen Sprachdefizite hat, während dies bei Familien ohne Migrationshintergrund nur knapp jedes zehnte Kind ist. (mit thm)

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