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Seltener Anblick. Außer wie hier im Schaugehege sieht man die Przewalski-Pferde der Sielmann-Stiftung in der Döberitzer Heide nur selten. Insgesamt leben dort 25 Exemplare.

© dpa

Brandenburg: Menschen müssen draußen bleiben

Es braucht Glück, in der riesigen Döberitzer Heide ein Urpferd vor die Kamera zu bekommen. Doch Spuren zeigen: Sie sind da

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Elstal - Die Wildnis vor den Toren Berlins ist dreifach gesichert mit hohen Zäunen. „Ungebetener menschlicher Besuch darf nicht hinein“, sagt Peter Nitschke über die Döberitzer Heide. Dort leben Urpferde – sogenannte Przewalski-Pferde – und Wisente, der europäische Bison. Nitschke ist Projektleiter bei der Sielmann-Stiftung, die den ehemaligen Truppenübungsplatz pflegt.

Bundesweit gib es nur wenige Tierreservate, wo die Urpferde fast in Freiheit leben können. In Zoos sind sie häufiger zu sehen. Die Pferde sind benannt nach dem russischen Offizier und Forschungsreisenden Nikolai Przewalski (1839-1888). Er brachte einen Schädel und ein Fell der bislang unbekannten Art aus der mongolischen Steppe nach Europa. Ursprünglich waren die Tiere in Mitteleuropa verbreitet, bis Ende der 1960er-Jahre in der freien Wildbahn jedoch ausgerottet. Alle heute lebenden Exemplare gehen auf Wildfänge zurück, die in europäischen Zoos landeten. Die gesamte heutige Population stammt von 13 Pferden ab.

Koordiniert wird das Europäische Erhaltungszucht-Programm für Przewalski-Pferde (EEPP) vom Zoo Köln. Auch in Australien und Nordamerika gibt es Projekte, die sich um den Bestand kümmern. Manche Tiere werden für die Auswilderung in der Mongolei und der eurasischen Steppe ausgewählt. Dort leben ein paar Hundert Tiere.

In Sielmanns Naturlandschaften in der Döberitzer Heide leben 25 Przewalski-Pferde, 75 Wisente und zahlreiches Rotwild. Die Wildniskernzone ist 1860 Hektar groß, die gesamte Sielmanns Landschaft etwa doppelt so groß. „Die Pferde müssen sich selbst ums Fressen kümmern, lediglich Wasser steht in sechs Tränken bereit“, sagt Projektleiter Nitschke. „Eingegriffen wird nicht.“ Auch medizinische Hilfe gibt es nicht: Sterben und Tod werde freien Lauf gelassen.

Besucher, die hoffen, durch die Zäune in der Döberitzer Heide wie im Zoo einen Blick auf die Tiere zu erhaschen, werden enttäuscht. Die Tiere sind selten zu sehen. Das Reservat ist nahezu unberührt, bis 1992 wurde das Areal militärisch genutzt. Die Biologin Anne Berger vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) Berlin kommt im brandenburgischen Liebenthal zumindest einigen Wildpferden näher. Dort leben ein paar Stuten und ein Hengst. Sie beobachtet genau, wie sie mit dem Leben außerhalb eines Zoos zurechtkommen.

„Bislang vom Menschen behütet aufgewachsen, müssen sie sich nun an ihre Instinkte erinnern“, sagt sie. Es könne bis zu zwei Jahre dauern, bis sie Menschen vergessen hätten, die bislang für sie sorgten, so Berger. In verschiedenen Reservaten werden Przewalski-Pferde dem Zoo entwöhnt und auf den unwirtlichen Alltag in der mongolischen Steppe vorbereitet. „Sie müssen wissen, wie und wo sie sich vor Kälte und Regen schützen und ihr Futter finden“, sagt Berger – auch dass eine ordentliche Fettschicht über den Winter helfe.

Mehrere Pferde kamen schon in Auswilderungsprojekten unter – die aus der Döberitzer Heide bleiben hingegen in Brandenburg. Zucht ist aber nicht das Ziel: Männliche Tiere sind sterilisiert oder kastriert. Der Auftrag der Tiere ist die Landschaftsgestaltung. „Sie fressen Pflanzen oder genießen ausgiebige Sandbäder“, sagt Nitschke.

„Junge Birken werden umgebrochen und die Triebe gefressen“, sagt er und zeigt auf Stümpfe. Damit könnten Trockenrasen, Heiden und Moore erhalten werden. Ein paar „Gäste“ gibt es in der Döberitzer Heide aber doch: Durchlässe, die wie Katzenklappen funktionieren, sind auf traditionellen Wildwechselwegen angelegt – Wildschweine, Füchse, Rehe und Hasen können hinein und hinaus. Der Mensch muss zum eigenen Schutz draußen bleiben.

Gudrun Janicke

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