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Brandenburg: Metropol-Theater wird elegant-barocker Tanztempel

Die Amüsier-AG: In Berlin bauen sich Aktionäre ihren Nachtclub

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Die Amüsier-AG: In Berlin bauen sich Aktionäre ihren Nachtclub Berlin - Inmitten herben Baustellen-Charmes flackern weiße Kerzen in silbernen Leuchtern. Es sind die Vorboten für einen eigenwilligen Nachtclub, der vom kommenden Herbst an im alten Berliner Westen Schlagzeilen machen will. Dafür baut nicht nur der renommierte Architekt Hans Kollhoff das heruntergekommene Metropol-Theater zu einem elegant-barocken Tanztempel um. Noch ungewöhnlicher ist die Club-Finanzierung: Als Amüsier-AG gibt der Club Aktien aus, bis zu 4000 Euro das Paket. Was Zweiflern als neue Marotte Berliner Größenwahns oder Invest- Abenteuer erscheinen mag, verkaufen die Macher um den Berliner Gastronomen Peter Glückstein als Gastronomie-Idee der Zukunft - Börsengang nicht ausgeschlossen. „Goya“ soll der neue Club heißen, benannt nach dem spanischen Maler Francisco de Goya, der in seinen Werken geheimnisvolle Räume und das Licht thematisierte. In den Visionen der Planer erscheint die Baustelle hinter der fast 100-jährigen Jugendstil-Fassade des Metropol bereits als elliptisch geschwungener, 17 Meter hoher Ballsaal mit Säulen, Balkons, Kronleuchtern und lederbezogenen Wänden. Tafeln und tanzen soll hier ein Publikum jenseits der 30 – zu alt für Techno-Partys, zu jung für Tanztees. „Ein Club für Erwachsene“, betont Glückstein. „Ein faszinierender Raum mit Bar-Atmosphäre“, schwärmt Architekt Kollhoff, der auch am Potsdamer Platz gebaut hat. Der Club soll nicht so nobel werden, dass er abschrecken würde. Er soll aber auch nicht so einfach sein, dass jeder Hiphop-Hosenträger Einlass begehrt - etwas Seriöses dazwischen. Mit diesem Konzept geht das „Goya“ neue Wege. Bisher liebten viele Berliner Szenegänger das Provisorische ihrer „Locations“, das leicht Morbide von Abrisshäusern, Fabriken oder alten Banktresoren. Doch das wilde Berlin der Mauerfall-Zeiten hat sich verändert. Nach dem Ende der Großbaustellen-Ära wirkt auch die Stadt ein wenig gesetzter. Und manche Party-People haben inzwischen Lust, sich auch ohne Wummer-Mucke vor drei Uhr früh zu amüsieren. In dieser Nische wittert Glückstein Chancen für eine andere Form von Gastronomie. Nach dem Werbefeldzug des „Goya“ kann er Erfolge vermelden: Mehr als 1000 Aktionäre, von den Schauspielern Rolf Zacher oder Muriel Baumeister bis hin zu Managern, haben insgesamt drei Millionen Euro eingezahlt. Das mag viel sein für ein Experiment. Allerdings deckt die Summe kaum ein Drittel der Umbaukosten von zehn Millionen Euro. Doch Glückstein ist optimistisch, dass weitere Millionen in seine Vergnügungs-AG eingezahlt werden. Den Rest sollen Darlehen decken. Ein Aktionär hat später Recht auf freien Eintritt und einen Platz im VIP-Bereich. Doch auch für Nicht-Aktionäre soll das Amüsement erschwinglich bleiben: 10 Euro Eintritt und 25 Euro für ein baskisches Menü vor dem gepflegten Tanzvergnügen. Noch ist das alte Metropol am Nollendorfplatz ein entkerntes, zugiges Gebäude, das seine besten Zeiten als Theater, Kino und Disko lange hinter sich hat. Geht die „Goya“-Idee auf, wäre nicht nur ein historisches Gebäude wiederbelebt. Auch der alte Westen könnte gegenüber den beliebten Ausgehmeilen im Osten Berlins punkten. Scheitert die Amüsier-AG, hat die Hauptstadt eine Invest-Ruine mehr. Noch sind die Scherze über die Goya-Idee wohlwollend: Aktionäre, heißt es, trinkt für eure Dividende.

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