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Brandenburg: Mieter dürfen auf dem Balkon rauchen Amtgericht Rathenow weist Klage ab

Rathenow - Dieser Fall wird die Gerichte noch eine Weile beschäftigen. Das Amtsgericht Rathenow hat am Freitag die Klage von Nachbarn eines Raucher-Ehepaares abgelehnt.

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Rathenow - Dieser Fall wird die Gerichte noch eine Weile beschäftigen. Das Amtsgericht Rathenow hat am Freitag die Klage von Nachbarn eines Raucher-Ehepaares abgelehnt. Die Kläger, das Rentner-Ehepaar Anton und Ursula Reinl aus Premnitz (Havelland), fühlen sich durch den Zigarettenqualm der auf dem Balkon unter ihnen rauchenden Nachbarn massiv belästigt. Sie forderten von Manfred und Ursula Stelb, dass diese nur noch zu bestimmten Zeiten eine Zigarette auf dem Balkon anzünden dürfen und regelmäßig den Aschenbecher leeren. Eine gütliche Einigung war bei einem Termin Anfang August vor dem Amtsgericht gescheitert. Nun lehnte es die Unterlassungsklage des Ehepaars Reinl als unbegründet ab.

Zwar werde durch das Rauchen auf dem Balkon grundsätzlich der ungestörte Besitz von Balkon und Wohnraum beeinträchtigt. In Premnitzer Fall sei die Störung aber nicht so erheblich, dass dies einen Unterlassungsanspruch gerechtfertigt hätte. Die Beeinträchtigung sei hinnehmbar, entschied der Richter. Er berief sich auf Urteile der Landgerichte Hamburg und Berlin. Sie zogen eine Grenze von 20 Zigaretten pro Tag, ab der Nachbarn gestört werden. Das Raucher-Ehepaar raucht aber insgesamt nur zwölf Zigaretten pro Tag auf dem Balkon – und das abwechselnd. Dies stelle keine übermäßige Belästigung dar, befand der Richter.

Die Kläger kündigten an, dagegen in Berufung zu gehen. Dann wird sich das Landgericht Potsdam mit dem Fall befassen. Anton und Ursula Reinl hatten beklagt, dass sie ihren Balkon in dem Vierfamilienhaus in Premnitz wegen der Qualmerei ihrer Nachbarn nur eingeschränkt nutzen könnten, dort einen Kaffee zu trinken oder eine Zeitung zu lesen sei quasi unmöglich. Auch sei es nur bedingt möglich, die Wohnung zu lüften. Sobald sich die Nachbarn unter ihnen sich eine Zigarette anzünden, müssten sie eiligst die Fenster schließen.

Das Verfahren ist nur eines von vielen. Höchstrichterlich hatte der Bundesgerichtshof (BGH) 2006 entschieden, dass Rauchen in der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. 2008 schränkte der BGH ein, dass Mieter nicht exzessiv rauchen dürfen.

Die neuesten Auseinandersetzungen vor den Amtsgerichten könnten der Teil einer neuen Prozesswelle sein. Prominetestes Beispiel ist er Raucher Friedhelm Adolfs. Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die fristlose Kündigung seiner Wohung durch die Vermieterin für rechtens erklärt, weil sein Zigarettenqualm im Treppenhaus für eine „unzumutbare und gesundheitsgefährdende Geruchsbelästigung“ sorgt. Adolfs legte dagegen Berufung ein. Das Gericht hatte sich schon im Streit um Adolfs’ Prozesskostenhilfe positioniert. Es verwies auf das Recht auf Rauchen in Wohnungen und sah Erfolgschancen für die Klage des 75-Jährigen. Der steckt sich seit 40 Jahren in der Wohnung eine nach der anderen an. A. Fröhlich

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