zum Hauptinhalt

Brandenburg: Mindestlohn steigt auf neun Euro

Landesregierung beschließt Vergabegesetz. Trotz Vereinfachungen ist es für CDU und Unternehmerverband ein Bürokratiemonster

Stand:

Potsdam - Der Mindestlohn bei öffentlichen Aufträgen in Brandenburg steigt um 50 Cent auf neun Euro brutto pro Stunde. Dies teilte Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) am Dienstag im Anschluss an die Kabinettssitzung mit. Mit ihrem Beschluss des Vergabegesetzes folge die Landesregierung einer Empfehlung der brandenburgischen Mindestlohnkommission. Die Regelung tritt zum 1. September in Kraft und gilt für Aufträge ab 3000 Euro.

„Mit dem neuen Vergabegesetz wollen wir diejenigen Arbeitnehmer bestmöglich schützen, die unsere Unterstützung am nötigsten brauchen“, sagte Gerber. Dies gelte insbesondere für Wachschützer, Reinigungskräfte sowie Wäschereimitarbeiter. Auch für Menschen in Akkordarbeit sei eine klare Regelung getroffen worden: „Wer da 100 Prozent Leistung bringt, muss damit den Mindestlohn erreichen – und nicht erst, wenn er weit über die 100 Prozent hinausgeht“, sagte Gerber. Die Wertuntergrenze von 3000 gelte auch, wenn Aufgaben an private Unternehmen übertragen werden, also mit der Auftragsvergabe ein Outsourcing erfolgt. Auch dann dürfe der Mindestlohn nicht unterschritten werden. Für die Kommunen werde es „mehr Bewegungsfreiheit und eine einfachere Handhabung von Vergabeverfahren“ geben. So würden die mit dem Vergabegesetz entstehenden Kosten den Kommunen künftig pauschal erstattet. „Dann muss sich niemand mehr mit komplizierten Einzel-Erstattungsanträgen herumschlagen. Gerade für kleine Kommunen ist das ein erheblicher Vorteil“, sagte Gerber.

Brandenburg liegt mit der Anhebung des Mindestlohns bei öffentlichen Vergaben im bundesweiten Vergleich auf Platz zwei – hinter Schleswig-Holstein. Das nördlichste Bundesland schreibt 9,18 Euro als Stundenlohn vor.

Der Wirtschaftsexperte der CDU-Landtagsfraktion, Dierk Homeyer, kritisierte die Anhebung des Vergabemindestlohns als Bürokratiemonster zulasten von Unternehmen und Kommunen. „Dieses Fossil aus der Zeit vor dem bundeseinheitlichen Mindestlohn war nie mehr als ein kaum wirksamer Papiertiger und hat mittlerweile auch die letzte Daseinsberechtigung verloren. Aufgrund ihrer Profilierungsnot traut sich die Linke nicht, die überflüssige Regelung abzuschaffen“, sagte Homeyer.

Ob der Mindestlohn in Höhe von neun Euro gerechtfertigt sei, könne von der Opposition nicht abschließend beurteilt werden. Mit „unhaltbaren Begründungen“ verwehre die Landesregierung nach wie vor die Akteneinsicht in die kompletten Ergebnisse der Mindestlohnkommission. Homeyer hat deshalb – wie berichtet – ein Organstreitverfahren gegen die Landesregierung vor dem Landesverfassungsgericht eingeleitet.

Die Brandenburger Wirtschaft hat die Anhebung des Mindestlohns als „falsches Signal“ bezeichnet. „Dieser Beschluss belastet die Unternehmen mit unnötiger Bürokratie und die öffentliche Hand mit zusätzlichen Kosten“, sagte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), am Dienstag. Der bundesweit geltende gesetzliche Mindestlohn werde ohnehin Anfang 2017 von heute 8,50 Euro auf mindestens 8,80 Euro steigen. Zudem habe die rot-rote Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag klipp und klar festgelegt, die Lohnuntergrenzen auf Landes- und auf Bundesebene zu synchronisieren. „Brandenburg legt mit seinem Sonderweg einen falschen Ehrgeiz an den Tag“, sagte Amsinck. Die Arbeitgeber hätten sich in der Mindestlohnkommission deshalb klar gegen diesen Plan ausgesprochen. Als Grund führte er den zusätzlichen Aufwand für die Unternehmen an. Bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand würde nun entweder der brandenburgische Mindestlohn, der gesetzliche Mindestlohn, der Mindestlohn nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder je nach Branche der Tariflohn gelten. „Gerade kleine und mittlere Betriebe dürfte dieser enorme bürokratische Aufwand abschrecken. Wenn sich aber immer weniger Unternehmen um öffentliche Aufträge bewerben, leidet der Wettbewerb, und für den Staat wird es teurer als nötig“, sagte Amsinck. Der Verbandschef warf der Landesregierung zudem Lippenbekenntnisse vor, weil sie sonst stets die Stärkung der Tarifautonomie angemahnt habe. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })