Brandenburg: Mit dem Auto ist man schneller
Das Nahverkehrsangebot geht in den Weiten der Mark über den Schulbus oft nicht hinaus. Ein von den Grünen beauftragtes Gutachten zeigt, wie und warum man das ändern sollte
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Potsdam - In Potsdam kann man gut ohne Auto leben, in den Weiten Brandenburgs bislang eher nicht: Doch auch in der Mark könnte der öffentliche Nahverkehr mit vertretbarem Aufwand so attraktiv gemacht werden, dass bis 2030 trotz sinkender Bevölkerung doppelt so viele Fahrgäste Busse und Bahnen nutzen wie heute. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Gutachten des Verkehrsplanungs-Büros „team red“ aus Berlin im Auftrag der Grünen-Landtagsfraktion, das am Mittwoch im Landtag vorgestellt wurde.
Eine zentrale Empfehlung der 91-Seiten-Expertise lautet, den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) mit einer Strukturreform so zu stärken, dass er neben Bussen und Bahnen auch Angebote wie Carsharing, Taxis oder leihbare Elektroräder koordiniert. „Es muss ein Angebot aus einem Guss geben“, erläutert Gutachter Volkmar Wagner. So könnten die Reisezeiten im Nahverkehr – ein Hauptgrund für die Entscheidung, ob man Bahn oder Bus statt des Autos nimmt – auch auf dem märkischen Land verringert und Reserven erschlossen werden.
Nach der Analyse der Experten von team red ist man bislang mit dem Auto in der Regel immer noch schneller, wenn man etwa aus der Landeshauptstadt Potsdam ins Land muss. Ausnahme ist Brandenburg an der Havel, das mit dem Regionalexpress deutlich besser erreichbar ist als mit dem eigenen Gefährt. Um aber zu Städten wie Rathenow, Cottbus, Senftenberg, Beeskow oder Belzig zu gelangen, sieht es bislang deutlich anders aus, wobei insbesondere die Verbindungen in den Südosten des Landes schlecht sind. „Hier liegen die Reisezeiten weit über denen für Autofahrten.“
Als ein Manko für den Nahverkehr in Brandenburg sieht das Gutachten, dass es kaum attraktive Verbindungen für Berliner Ausflügler gibt. Dabei könnten so neue Fahrgäste und damit Einnahmen gewonnen werden. „Linien, die elementaren Anforderungen des Freizeit- und Ausflugverkehrs entsprechen, existieren fast nicht“, heißt es dazu wörtlich im Gutachten. Dabei seien die Berliner darin geübt, sich ohne Auto fortzubewegen, wären dazu auch für Ausflüge bereit, sagte Wagner. „Das haben viele Verkehrsunternehmen im flachen Land noch nicht erkannt.“
Die Realität sieht bislang so aus, dass in dünnbesiedelten Regionen fast nur Schulbusse fahren. „Die Folge ist, in den Schulferien oder an den Wochenenden kommt man vom Bahnhof nicht weg“, sagte Wagner und bringt es auf eine knappe Formel: Es reiche nicht, dass man am Bahnhof Joachimsthal ankommt. „Der Werbelinsee muss auch mit dem Bus erreichbar sein.“ Außerdem empfiehlt das Gutachten eine klarere Hierarchie der Zugverbindungen, also von Express- und den langsameren, an jeder Station haltenden Regionalbahnen sowie die Einführung neuer landesbedeutsamer Regionalexpressbuslinien, die über Kreisgrenzen fahren. Diese müssten vom Land finanziert werden. Täglich nutzen 3,6 Millionen Menschen in der Hauptstadtregion den Nahverkehr, davon 600 000 Brandenburger.
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