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Brandenburg: Mordfall ohne Leiche vor der Aufklärung
Eine 17-jährige Schwangere verschwand 1997 spurlos. Jetzt sind zwei Verdächtige verhaftet worden
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Neuruppin/Leegebruch - Es war 15 Jahre lang einer der großen ungeklärten Kriminalfälle in Brandenburg. Am 3. Juli 1997 war die damals 17-jährige Maike Thiele aus Leegebruch (Oberhavel) spurlos verschwunden. Sie war damals im achten Monat schwanger und an diesem Tag im Hennigsdorfer Krankenhaus bei einer Routineuntersuchung, sie hatte ihre Ärztin gefragt, ob sie in den Urlaub an die Ostsee fahren könne. Zeugen sahen sie zuletzt an der Bushaltestelle vor der Klinik. Seither wird sie vermisst, die Polizei ging schnell von einem Gewaltverbrechen aus, doch es gab keine Leiche und bis jetzt auch keinerlei stichhaltigen Hinweise auf die Täter. Nun aber steht der Fall vor der Aufklärung.
Am Sonntag nahmen Ermittler zwei Männer fest: Einen 33-Jährigen, der damals der Freund von Maike Thiel war und zugleich der Vater des noch ungeborenen Kindes sein soll, und dessen Bekannten, einen 78-Jährigen. Sie sitzen seit Montag in Untersuchungshaft, ein Richter erließ am Nachmittag Haftbefehl. Gegen den 33-Jährigen, der die damals 17-Jährige verlassen hatte, als er erfuhr, dass sie schwanger ist, war bereits nach dem Verschwinden der jungen Frau ermittelt worden. Seine Familie soll laut Ermittlern in kriminelle Machenschaften verstrickt gewesen sein. Allerdings waren die Beweise damals nicht ausreichend, das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.
Auch die Akten zum Fall Maike Thiel waren zwischenzeitlich geschlossen worden. Doch in diesem Jahr haben die Ermittler der Mordkommission in Neuruppin den Fall noch einmal genau durchforstet. Anlass war ein Bericht der ZDF-Sendung „Aktenzeichen xy ungelöst“ im Januar. „Es gab keine heiße Spur und keine sachdienlichen Hinweise“, sagt die Neuruppiner Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper. Mehrfach hatte die Polizei seit 1997 versucht, über das Fernsehen brauchbare Zeugen zu finden, jedes Mal ohne Erfolg. „Ein unaufgeklärter Fall lässt die Kriminalisten niemals los“, sagt Polizeisprecher Rudi Sonntag. „Solche Fälle gehen an die Ehre der Kriminalisten. Das nagt an den Kollegen.“ Besonders in diesem Vermisstenfall, es gebe keinen vergleichbaren in Brandenburg. Die Mordkommission habe in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft nochmals den ganzen Fall aufgerollt und Nachermittlungen angestellt, berichtet Oberstaatsanwältin Lodenkämper. „Im Ergebnis ist eine starke Indizienkette herausgekommen und wir sind zu der Annahme gelangt, dass dringender Tatverdacht gegen die beiden Beschuldigten vorliegt.“ Einzelheiten wollte Lodenkämper aus kriminaltaktischen Gründen nicht nennen, auch um eine zu erwartende Anklage nicht zu gefährden.
Für die Eltern von Maike Thiel ist aber eine ganz andere Frage viel wichtiger, nämlich wo die Leiche ihrer Tochter liegt. Sie selbst hatten einen Privatermittler eingeschaltet. Die Staatsanwaltschaft selbst lobte eine Belohnung von 5000 Euro aus, bundesweit wurde nach Maike gefahndet. Mehrfach wurde an verschiedenen Stellen nach der Leiche gegraben. Selbst eine Straße wurde aufgerissen, weil vermutet wurde, die Täter hätten die Leiche im Zuge von Straßenbauarbeiten verschwinden lassen. „Für die Eltern ist es schwer“, sagt Polizeisprecher Sonntag. „Das größte Problem für sie ist, endlich Trauerarbeit leisten zu können. Aber dafür braucht man einen Ort.“ Wo die Leiche nun liegt, ist trotz der Festnahme der beiden Verdächtigen aber immer noch nicht klar. „Ein Geständnis gibt es nicht“, sagt Oberstaatsanwältin Lodenkämper.
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