BRANDENBURGER SEEN: Nach dem Kaufrausch
Brandenburg erwirbt beim Bund 65 Seen. Doch was geschieht nun damit?
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Potsdam - Drei Jahre dauerten die Auseinandersetzungen mit dem Bund, die Privatisierung von Seen und für Spaziergänger und Angler gesperrte Uferwege zu verhindern. Nach der erzielten Einigung über den Kauf von 65 Seen für 3,74 Millionen Euro, geht es jetzt um Detailfragen, die sich noch als knifflig herausstellen könnten.
Finanzminister Helmuth Markov (Linke) aber legte sich am gestrigen Montag fest und beendete damit Spekulationen, das Land selbst könnte die Seen privatisieren. „Wir übertragen kostenlos“, sagte Markov. Die Seen sollen an Träger öffentlicher Belange, Kommunen, Angler- und Naturschutzvereine, übergeben werden. Beim von Jörg Vogelsänger (SPD) geführten Infrastrukturministerium liegen bereits Anfragen vor. „Das Interesse ist groß“, sagte er. Auf jeden Fall sollten die Seen öffentlich zugänglich bleiben. Details klärt unter Führung des Infrastrukturministeriums eine Arbeitsgruppe, in der die Ressorts für Finanzen, Umwelt, Wirtschaft und Inneres vertreten sind.
Ein Sprecher des Potsdamer Rathauses reagierte am Montag zurückhaltend. Potsdam könnte jetzt vom Land den Fahrländer See kostenlos übernehmen. „Wir müssen erst sehen, was es bedeutet, wenn uns der See übereignet wird, welche Verpflichtungen auf uns zukommen“, sagte ein Rathaussprecher. Grundsätzlich begrüßte er es, dass der See öffentlich zugänglich bleibt. Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) versucht die Zweifel über zusätzliche Kosten für die Pflege und Unterhaltung der Seen zu zerstreuen: „Die Pachteinnahmen decken die Kosten für die Bewirtschaftung.“ Allerdings gibt es da auch Zweifel. Der Naturschutzbund (Nabu) plädiert deshalb für eine Stiftung, unter deren Dach die Seen verwaltet und gepflegt werden. Einen entsprechenden Vorschlag reichte Nabu-Landeschef Tom Kirschey bei der Staatskanzlei ein. Selbst der Nabu würde seine Seen der Stiftung geben. Kirschey warnte: „Die Kommunen sind mit den Seen überfordert.“ Selbst sein Verband habe Probleme. Ebenso ungeklärt ist, ob an Umweltverbände übertragene Seen zugänglich bleiben.
Zunächst aber muss das Landeskabinett dem Kaufpaket noch offiziell zustimmen, was aber als Formsache gilt. Das Bundesfinanzministerium gab dafür der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) Ende Juli grünes Licht. Vogelsänger und Markov verteidigten den Ankauf der Seen. Die Kaufverhandlungen seien zu einem guten Ergebnis gebracht worden, sagten die Minister. Zwar habe das Land keine kostenfreie Übertragung erreicht und müsse nun 3,74 Millionen Euro aufwenden, obwohl der Bund die Seen von der DDR „geerbt“ hätte. Der Bund jedoch lehnte eine kostenlose Übergabe an das Land kategorisch ab. Das Geschäft sei jedoch im Sinne der Bürger, denn so werde gewährleistet, dass die Seen öffentlich zugänglich bleiben, sagte Markov.
Damit ist abgewendet, wovor Naturschützer und Anrainer stets warnten: dass nämlich nach einer Privatisierung die Gewässer für die Öffentlichkeit, für Erholungssuchende, Angler, Badegäste, gesperrt werden. Selbst das Baden vom kleinen Waldstrand aus wäre unmöglich. Die Folgen für den Brandenburger Tourismus wären verheerend – besonders für den Wassersport. Brandenburg lockt mit Marinas, Boots- und Kanuverleihen, Mietstationen für Hausboote und Badestellen jeden Sommer die Gäste an. Die BVVG, die einst volkseigene DDR-Flächen privatisiert, hatte bereits mit der Ausschreibung von Seen begonnen. 2009 formierte sich Protest in Initiativen und Umweltverbänden, weil die BVVG zahlreiche Seen privatisieren wollte und damit der öffentliche Zugang für Erholungssuchende gefährdet war. Die Ost-Länder intervenierten, der Bund stoppte 2010 den Verkauf.
Auf der Brandenburgs Einkaufsliste stehen neben dem Fahrländer See der Mellensee in Teltow-Fläming und der Dreetzsee in Oberhavel. Die meisten Seen aber befinden sich in der Uckermark. Insgesamt beinhaltet das Paket 3 135 Hektar Wasser- und Uferflächen, 2800 Hekter sind reine Wasserfläche, der Rest Wald, Acker und Grünfläche am Ufer.
Ursprünglich standen 140 Seen auf der Liste. 17 Seen stammen aus dem Preußenvermögen und werden dem Land als Erben und Verwalter des Preußenvermögens kostenfrei übergeben. 22 kleinere Seen, die eher Teiche und Stiche sind, wird das Land nicht kaufen, weil sie zu klein sind oder die BVVG nicht der Alleineigentümer ist, dort also Konflikte mit anderen Besitzer drohen. Unklar ist die Lage bei 36 Seen, die das Land nicht kauft. Hier greift die vormalige, von Brandenburg abgewendete Verkaufspraxis der BVVB. Zunächst wird Kommunen, Fischereien, Naturschutzverbänden, Anglervereinen oder dem Landesbetrieb Forst ein Vorkaufsrecht eingeräumt, sie können die Seen im Direktkauf erwerben. Falls dies nicht zustande kommt, wird die BVVG die Seen wohl wieder zur Privatisierung ausschreiben. Alexander Fröhlich
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