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Brandenburg: Nach den Illusionen

Brandenburgs Politiker aufgeschreckt durch Umfrage über Reformunwilligkeit im Land

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Brandenburgs Politiker aufgeschreckt durch Umfrage über Reformunwilligkeit im Land Von Michael Mara Potsdam. Brandenburgs Politik ist besorgt über die Reformunwilligkeit der Märker. Politiker aller Parteien brachten gestern zum Ausdruck, dass die vom Institut für Demoskopie Allensbach vorgelegten Zahlen – danach ist in keinem anderen Bundesland die Angst vor den von der Bundesregierung geplanten Veränderungen so groß wie hier – ernst nehmen müsse. PDS-Fraktionschef Lothar Bisky regte eine öffentliche Ursachen-Debatte über Parteigrenzen hinweg an. Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) schlug vor, eine „qualifizierte Studie“ in Auftrag zu geben, warum die Brandenburger die reformunwilligsten Deutschen sind. Darauf sei Allensbach nicht eingegangen. Die Ergebnisse könnten auch der Politik im Lande weiter helfen. Wie berichtet stehen laut Allensbach nur rund elf Prozent der Märker dem Umbau der Gesellschaft wohlwollend gegenüber. Die Mehrheit (rund 60 Prozent) lehnt trotz Krise persönliche Einschnitte ab, nur 24,5 Prozent akzeptieren persönliche Opfer. Bei rund 76 Prozent lösen die Pläne Befürchtungen und Skepsis aus, nur 12 Prozent verbinden damit Hoffnungen. Weitgehend einig sind sich Brandenburgs Politiker darin, dass die Reformangst eine Folge der Umbrüche in den letzten 13 Jahren ist, die den Menschen teilweise Verschlechterungen brachten. Für diese These spreche, dass auch in den anderen neuen Ländern Reformen lange nicht so positiv beurteilt würden wie im Westen. „Das gesellschaftliche Leben ist einmal komplett umgestellt worden“, sagt SPD-Regierungschef Matthias Platzeck. . Andererseits werden „hausgemachte“ Gründe von vielen Politikern nicht bestritten: Die allumfassende Staatsfürsorge sei in Brandenburg lange Staatsdoktrin gewesen, sagt CDU-Generalsekretär Thomas Lunacek. „Hier sind mehr Illusionen gepflegt worden als anderswo“, hebt Bisky hervor, der auch Fehler der PDS eingesteht: Sie hätte deutlicher machen müssen, dass der Staat nicht alles leisten könne. SPD-Bildungsminister Steffen Reiche nennt noch einen anderen Grund für die Reformunwilligkeit: Den über 50 Jahre andauernden „Brain Drain“ Richtung Westen, also die Abwanderung mobiler und intelligenter Menschen. Diese seien in der Regel die reformfreudigsten. Auch Bisky sieht hier das Kernproblem: Die Frage, was man tun könne, damit die leistungsfähige Jugend im Land bleibe, müsse vorrangig diskutiert werden. Widerlegt ist nach Meinung mancher Politiker durch die Allensbacher Ergebnisse die These von SPD-Regierungschef Matthias Platzeck, dass der Westen von der Veränderungsbereitschaft des Osten lernen könne.

Michael Mara

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