BODENREFORM-GRUNDSTÜCKE: Nach der Wiedervereinigung griff das Land zu
Die Bodenreform von 1945 stand am Anfang der Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland. Unter der Losung „Junkerland in Bauernhand“ wurde in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) – der späteren DDR – Großgrundbesitz über 100 Hektar enteignet.
Stand:
Die Bodenreform von 1945 stand am Anfang der Neuordnung der Eigentumsverhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland. Unter der Losung „Junkerland in Bauernhand“ wurde in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) – der späteren DDR – Großgrundbesitz über 100 Hektar enteignet. Dazu kam Grund und Boden von Kriegsverbrechern und Nazi-Führern. Insgesamt war ein Drittel der Wirtschaftsfläche östlich der Elbe betroffen. Die Flächen wurden an 500 000 Landarbeiter, landlose oder landarme Bauern, Umsiedler, Arbeiter und Handwerker verteilt. Viele „Neubauern“ erhielten nur kleine, etwa acht Hektar große Parzellen, auf denen sie nicht wirtschaftlich arbeiten konnten. Damit begründete die SED-Führung in den 50Jahren dann den zwangsweisen Zusammenschluss in den „Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften“ (LPG).
Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde das ostdeutsche „Volkseigentum“ wieder in Privateigentum umgewandelt - eine hochkomplizierte Angelegenheit und Grund für viele Konflikte, nicht nur zwischen Alteigentümern (West) und Nutzern (Ost). Die ehemaligen Bodenreform-Grundstücke waren dabei ein Sonderfall. Für sie wurde festgelegt, dass sie nur diejenigen behalten dürfen, die in der DDR in der Landwirtschaft, dem Forst oder Nahrungsgüterwirtschaft tätig waren. Die gleiche Bedingung sollte für deren Erben gelten. Das heißt: Wenn diese inzwischen Lehrer oder Ingenieure waren, hatten sie keinen Anspruch mehr auf die elterliche Parzelle - wogegen Neubauern seit Jahren Sturm laufen. Aktuell liegt eine Beschwerde bei der UN-Menschenrechtskommission.
Nur in den Fällen, wo es solche Personen mit Landwirtschafts-Vita nicht gibt, sollte das jeweilige Grundstück dem Landesfiskus zufallen – und auch das nur, sofern das Land seinen Anspruch bis Oktober 2000 gesichert hat.
Im Land Brandenburg hat es 1990 ungefähr 80 000 solcher Bodenreform-Immobilien gegeben - davon durften in 67 000 Fällen berechtigte Neubauern–Erben die Grundstücke behalten. In rund 7000 Fällen setzte sich das Land Brandenburg gegen Anspruchsteller durch, die aus seiner Sicht unberechtigt waren. Bei dem Skandal, der jetzt die Wogen hochschlagen lässt, geht es allein um die 10 000 Grundstücke, für die kurz vor Ablauf der Verjährung 1999/2000 keine Erben gefunden worden waren. Das Land Brandenburg ließ sich bei diesen Fällen - mögliche Kläger gab es nicht - über Landratsämter selbst in die Grundbücher als Eigentümer eintragen. Es könnte aber nicht wissen, ob ihm die Flächen zustanden. Das Land hätte vorher auf das Gründlichste nachforschen müssen, ob es irgendwo Erben gibt, egal, wo auf der Welt. Als die Landesdatenschutzbeauftragte im Jahr 1996 die Einschaltung externer Büros zur Flächenermittlung prüfte, teilte sie in ihrer Stellungnahme unter anderem mit: „Die Durchführung dieser Aufgabe setzt voraus, dass die Berechtigung des Landesfiskus festgestellt und ggf. auf dem Rechtsweg durchgesetzt wird. Dazu sind umfangreiche Recherchen zu den Besitz- und Eigentumsverhältnissen an den Grundstücken erforderlich.“ Genau das geschah offenbar nicht. thm/pet
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: