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In den ländlichen Regionen Brandenburgs fehlen Ärzte. Ein Stipendium soll angehende Mediziner in die Peripherie locken.

© picture alliance/dpa

Nach Gerichtsurteil: Stipendium für Landärzte in Brandenburg in Gefahr

Mit dem Programm sollen Mediziner in die ländlichen Regionen Brandenburgs gelockt werden. Nun wackelt das Erfolgsprojekt.

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Es ist ein Brandenburger Erfolgsprojekt: Fast 200 Medizinstudenten haben seit dem Jahr 2019/2020 das Landärztestipendium des Landes in Anspruch genommen. Sie erhalten für jeden Monat ihres Studiums 1000 Euro, wenn sie sich dazu verpflichten, nach dem Abschluss ihrer Facharztweiterbildung für mindestens fünf Jahre in ländlichen Regionen Brandenburgs tätig zu sein. Dort werden Mediziner dringend gesucht, weil viele Ärzte in den Ruhestand gehen, Nachwuchs fehlt.

Das Stipendium muss auf Bafög angerechnet werden

Doch nun könnte das Erfolgsprojekt ins Wackeln geraten. Denn vergangene Woche entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass das Stipendium in voller Höhe auf Bafög-Stipendien angerechnet werden kann. Geklagt hatte ein Stipendiat, der Bafög-Leistungen bezieht. Das Bafög-Amt rechnete die Leistungen aus dem Stipendium in voller Höhe auf den Bafög-Anspruch an. Da der Bafög-Höchstsatz derzeit 932 Euro beträgt, hätte der Student aus dem Stipendium somit nur wenige Euro Vorteile. Andere Stipendien, etwa aus der Begabtenförderung, müssen dagegen nicht auf Bafög-Ansprüche angerechnet werden.

„Aus Sicht des Gerichts handelt es sich bei dem Stipendium um eine anzurechnende Ausbildungsbeihilfe“, heißt es in einer Pressemitteilung des OVG. „Der Umstand, dass das Stipendium auf die Sicherung der landärztlichen Versorgung in Brandenburg abzielt, ändere nichts daran, dass es zur Deckung des Lebensbedarfs während der Ausbildung gewährt werde und damit identische Zwecke verfolgt wie die Ausbildungsförderung nach dem Bafög.“

Das von Ursula Nonnemacher (Grüne) geführte Brandenburger Gesundheitsministerium, das das Stipendium zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung vergibt, will daran vorläufig nichts ändern. Wie Pressesprecher Gabriel Hesse im Gespräch mit dieser Zeitung sagte, sei das Stipendium derzeit gut nachgefragt.

Bislang wurden 194 Stipendien vom Land vergeben

Zuletzt waren im November 34 neue Stipendien vergeben worden. Zehn Neustipendiaten studieren an einer Hochschule im Land Brandenburg, 20 haben einen privaten Bezug zum Bundesland. Seit dem Start des Stipendienprogramms zum Wintersemester 2019/2020 wurden insgesamt 194 Stipendien vergeben. „Das Landärztestipendium ist als wichtiger Baustein zur Förderung des medizinischen Nachwuchses etabliert“, sagte der scheidende Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung, Peter Noack, damals.

So habe auch das „Berufsmonitoring Medizinstudenten“ der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestätigt: „Je früher Studierende in Kontakt mit ambulanter Versorgung kommen – etwa in Famulaturen oder dem Praktischen Jahr – desto attraktiver wird für sie eine spätere ärztliche Tätigkeit in diesem Bereich.“

Veränderungsbedarf sieht indes die hochschulpolitische Sprecherin der Linken im Brandenburger Landtag, Isabelle Vandre. „Nach dem Urteil gäbe es zwei Möglichkeiten“, sagte Vandre. „Eine ist es, das Bafög grundlegend zu reformieren und durch eine Förderung zu ersetzen, die nicht zurückgezahlt werden muss und das Problem der Anrechnung behebt.“ Das fordere ihre Partei bereits seit Jahren. Die Kompetenz dazu liege aber beim Bund. Wolle das Land Stipendien vergeben, müssten diese existenzsichernd sein. „Denn ansonsten werden sie Studierende aus Familien mit geringen Einkommen nicht erreichen“, sagte Vandre. „Darüber wollen wir als Linksfraktion schnellstmöglich in den Fachausschüssen sprechen und die Stipendienprogramme anpassen.“

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