Brandenburg: Nach Strieder: Die Stimmung ist getrübt
Die rot-rote Spitze in Berlin sucht die österliche Ruhe
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Die rot-rote Spitze in Berlin sucht die österliche Ruhe Von Sabine Beikler Klaus Wowereit golft auf Mallorca, Michael Müller wandert auf Sylt, Stefan Liebich macht Urlaub in Berlin. Die rot-roten Spitzenpolitiker suchen die österliche Ruhe. Zwei Tage nach dem Rücktritt von Peter Strieder als Senator und Berliner SPD-Landeschef hält es die Koalition mit der Devise „Durchatmen und Auftanken“. Von Koalitionskrise spricht niemand offen, doch die Stimmung ist getrübt. Rot-Rot hat schwere Zeiten hinter sich: Proteste wegen höherer Kita-Gebühren, streikende Studenten, die Verabschiedung des Haushalts, die Tempodrom-Affäre und schließlich der Strieder-Rücktritt. Jetzt fordert die Berliner CDU Neuwahlen. „Der Senat hat abgewirtschaftet“, sagt Landeschef Joachim Zeller. Von einem „Mentalitätswechsel“, wie ihn Rot-Rot propagiere, sei keine Spur. FDP und Grüne halten sich bei dem Ruf nach Neuwahlen zurück und verweisen auf die klaren rot-roten Mehrheitsverhältnisse im Parlament. Die Koalition will weitermachen. Doch parallel zu diesem Bekenntnis wächst laut Umfrageergebnissen die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit Rot-Rot. Für den Berliner Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer ist klar, dass die Politik sich ändern muss, um überhaupt wieder Akzeptanz zu erhalten. „Es reicht nicht zu sagen, wir müssen durch das Tal der Tränen, wenn am Ende des Tunnels kein Licht zu sehen ist“, sagt Niedermayer. Die Koalition habe bisher zu viele handwerkliche Fehler gemacht: spontane Ideen, Konzepte, deren „Halbwertszeit sich in Stunden“ ausgedrückt habe. Offensichtlich sind für Niedermayer auch die „Koordinationsschwierigkeiten“ in der Koalition geworden. Beispiel Studienkonten-Modell: PDS-Wissenschaftssenator Thomas Flierl prescht mit seinem Vorschlag einsam voran, die SPD folgt ihm nach vielen parteiinternen Debatten, spricht sich für ein Konten-Modell aus – und dann wird Flierl von seiner eigenen Basis scharf ausgebremst. „Das hätte Flierl vorher in seiner Partei durchsetzen müssen“, sagt Niedermayer. Die Außenwirkung sei verheerend. Der propagierte Mentalitätswechsel allein reiche nicht, um die Bürger mitzunehmen. „Transparenz und Verhältnismäßigkeit“ müssten sichtbar werden. Man könne nicht dem Menschen auf der Straße soziale Einschnitte abverlangen, wenn andererseits „ein Teil der Elite schamlos und unmoralisch“ agiere wie am Beispiel der bekannt gewordenen überhöhten BVG-Gehälter zu sehen sei. Der Politikstil müsse sich ändern. Schon hört man die Forderung, das Amt des Generalsekretärs in der Berliner SPD einzuführen. Das aber, sagen führende Sozialdemokraten, sei einzig allein dem designierten neuen Landeschef Michael Müller überlassen, mit welcher Parteistruktur er arbeiten will. Und, wie man auch hört, ist Müller nicht gewillt, Strukturen zu ändern.
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