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Nach Wahlsieg in Brandenburg: SPD beschließt Sondierungsgespräche mit BSW und CDU
Die SPD in Brandenburg hat ihr Wahlziel erreicht, aber eine Regierungsbildung dürfte nicht einfach werden. Nun will die Partei rasch in Sondierungsgespräche gehen.
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Nach ihrem Wahlsieg bei der Brandenburger Landtagswahl will die SPD zügig Gespräche mit der CDU und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) auf der Suche nach einer Regierung führen. Der SPD-Vorstand beschloss die Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit beiden Parteien unter Leitung von Ministerpräsident Dietmar Woidke. Ein Gespräch könne jeweils – wenn terminlich möglich – Ende dieser Woche stattfinden, teilte die Partei mit.
SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller hatte zuvor im RBB-Inforadio gesagt, dass er mit der AfD keine Sondierungsgespräche führen wolle. Zur Regierungsbildung sagte er: „In den nächsten Wochen wollen wir dort vorwärtskommen.“ Keller hatte im Potsdamer Süden ein Direktmandat für die SPD geholt.
Skepsis bei der SPD, Zögern bei BSW und CDU
In der SPD-Spitze gibt es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (DPA) durchaus Skepsis, was die Gespräche mit dem BSW angeht, das keine Regierungserfahrung hat. Die SPD will nach Teilnehmerangaben zunächst schauen, was möglich ist. Die SPD, die die Landtagswahl gewann, kann mit dem BSW – auch unter Beteiligung der CDU – eine Koalition bilden. Allein mit der CDU reicht es nicht für ein Bündnis.
BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach hatte noch keine Entscheidung getroffen und auf innerparteiliche Gespräche am Mittwoch verwiesen. CDU-Landeschef Jan Redmann sieht als Option auch die Opposition, will sich aber Gesprächen nicht verweigern.
CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann sagte: „Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was wir in diesen Gesprächen besprechen sollen. Für uns gibt es keinen Regierungsauftrag. Es gibt nämlich keine Mehrheit für SPD und CDU.“ Deshalb sei für die CDU klar, dass Sondierungsgespräche zwischen der SPD und BSW geführt werden müssten. „Jetzt müssen sie daraus auch was machen für dieses Land.“
SPD landet knapp vor der AfD
Ministerpräsident Woidke erreichte mit seiner SPD nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis 30,9 Prozent der Stimmen und damit sein erklärtes Ziel: vor der AfD zu liegen. Die Rechtsaußenpartei schnitt jedoch mit 29,2 Prozent ebenfalls stark ab. Auf Platz drei landete das erst vor wenigen Monaten gegründete BSW mit 13,5 Prozent vor der CDU mit 12,1 Prozent. Weitere Parteien schafften den Einzug ins Parlament nicht.
Stimmverteilung
Zuvor hatte bereits der Generalsekretär der Bundes-SPD, Kevin Kühnert, Gespräche der Landes-SPD mit dem BSW in Aussicht gestellt. „Das ist jetzt einfache Mathematik“, sagte Kühnert angesichts der Mehrheitsverhältnisse im neuen Brandenburger Landtag am Montag im Bayerischen Rundfunk.
Kühnert sagte, da die SPD jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausschließt „und da es mit der CDU zusammen nicht reicht, werden jetzt sicherlich Gespräche mit dem BSW in Brandenburg stattfinden“. Es werde am Ende in irgendeiner Art und Weise dazu kommen müssen, dass sich beide Parteien über gemeinsame Themen verständigen.
Dabei gelte wie schon in Thüringen und Sachsen: „Die Büchse der Pandora und die schwarze Box wird sich jetzt öffnen, und wir werden alle erstaunt dann sehen, worum es dieser Partei auf Landesebene eigentlich geht.“ Jenseits der internationalen Politik wisse er wenig über die landespolitischen Forderungen des möglichen SPD-Koalitionspartners.
BSW-Spitzenkandidat hebt Bedeutung außenpolitischer Fragen hervor
Der Brandenburger BSW-Spitzenkandidat Robert Crumbach hob mit Blick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung die Bedeutung außenpolitischer Fragen für seine Partei hervor. „Es muss eine Aussage einer Landesregierung zu dem Russland-Ukraine-Konflikt geben“, sagte er im Deutschlandfunk.
Koalitionsoptionen für Brandenburg
„Man muss sich sehr deutlich gegen die Stationierung von US-Atomraketen in Deutschland aussprechen“, fügte Crumbach hinzu. „Aber auch brandenburgspezifische Themen sind uns sehr wichtig“, versicherte der BSW-Spitzenkandidat. Beispielsweise sei die Bildungspolitik in Brandenburg „desolat“.
Auf den Hinweis hin, dass eine Landesregierung in außenpolitischen Fragen keine Mitsprache hat, sagte Crumbach, zwei Drittel der Bevölkerung in Brandenburg seien gegen eine Stationierung von US-Raketen in Deutschland. Sich darum „nicht zu kümmern“ unter Verweis auf die Zuständigkeit der Bundesregierung, „das geht nicht, das ist undemokratisch“.
Die Frage, was in einem Koalitionsvertrag stehen müsse, den das BSW mitverhandelt, wollte Crumbach nicht beantworten. „Ob die SPD überhaupt mit uns spricht, das werden wir sehen, das warten wir ab“, sagte er. Im Westdeutschen Rundfunk sagte Crumbach, seine Partei werde für ein „einfaches Weiter so“ nicht zur Verfügung stehen. „Wir müssen mehr mit den Menschen reden.“
SPD und BSW kommen zusammen auf 46 der 88 Sitze im neuen Landtag, was eine Mehrheit bedeutet. Die bislang in einer Kenia-Koalition mit der SPD und den aus dem Landtag geflogenen Grünen an der Regierung beteiligte CDU kommt auf nur noch zwölf Sitze, womit sie mit der SPD zusammen keine Mehrheit hat.
Das Wahlergebnis sei nicht einfach, sagte Crumbach weiter. „Es kann auch funktionieren, dass es beispielsweise eine Minderheitenregierung gibt mit nur 44 Stimmen.“ (AFP/dpa)
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