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Brandenburg: Nachbarn am Misthaufen

In Prötzel lagern 1000 Tonnen Kleintierkot / Den Anwohnern stinkt das gewaltig

Von Sandra Dassler

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Prötzel - Die Globalisierung macht auch vor Prötzel nicht halt. Zum einen hat ein Investor aus Armenien angekündigt, das denkmalgeschützte Schloss in der 1200 Einwohner zählenden Gemeinde im Landkreis Märkisch-Oderland zu einem Fünf-Sterne-Hotel mit Golfanlage umzubauen. Zum anderen aber wabern Gerüche durchs Dorf, deren Ursprung in Holland zu suchen ist.

Anders gesagt: Es stinkt. Auf dem Hof der Prötzelner Landwirtschaftsgesellschaft lagert ein rund 20 Meter langer und drei Meter hoher Misthaufen aus rund 1000 Tonnen Nerz- und Kaninchenkots, den die Frischgemüsehandel und Rohkonserven GmbH Odega aus den Niederlanden anfahren ließ, um damit ihre Felder zu düngen. „Nach Protesten der Anwohner, die den bestialischen Gestank nicht mehr aushalten konnten, hat der Odega-Chef jetzt eine Plane über die Exkremente gedeckt“, sagt Jonas Humboldt, der rund 100 Meter entfernt wohnt. „Aber bis Mitte Dezember sollen noch einmal 1000 Tonnen angefahren werden und da gerät das Ganze jedes Mal wieder in Bewegung. Außerdem stinken schon die Lkw, von denen manchmal mehrere am Tag hier ankommen.“

Die Bewohner der Häuser rund um den gigantischen Misthaufen beteuern, dass sie auf dem Dorf groß geworden seien und nichts gegen Landluft hätten. „Niemand beschwert sich, wenn ein Bauer eine Karre Pferdeäppel aus dem Stall fährt“, sagt der Bürgermeister von Prötzel, Rudolf Schlothauer: „Aber der Gestank, der bei Ostwind durchs Dorf weht, ist einfach zu penetrant, das hält niemand aus.“

Der Bürgermeister hat aber nicht nur Verständnis für die Beschwerden der Anwohner, sondern auch für die Situation der Firma Odega: „Die können mit dem Tierkot aus Holland ihre Felder biologisch düngen und damit beispielsweise auch die Bodenbeschaffenheit und den Wasserhaushalt verbessern. Und sie können das Zeug ja auch nicht einfach irgendwo anders hinfahren, in den Wald zum Beispiel.“ Das stimmt. Der Tierkot darf nur auf einer betonierten Fläche gelagert werden, damit nichts von dem Dünger ins Grundwasser gelangt.

Der Geschäftsführer der Firma ist sich denn auch keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil, er wundert sich. Schließlich würden alle Leute immer nach Ökoprodukten schreien. Und wenn dann statt chemischer Dünger biologischer verwendet werde, beschwerten sie sich über den Gestank. Der Mann ist genervt, seit sich sogar das Fernsehen für seinen Düngerhaufen interessierte. Er findet zum einen, dass es gar nicht besonders stinke, und verweist im übrigen darauf, dass er die notwendigen Genehmigungen vom Landwirtschaftsamt erhalten habe.

Das betrifft aber nur die sogenannte tierseuchenrechtliche Genehmigung. Dafür trägt die Firma Odega aber keine Verantwortung – über die zu erwartende Geruchsbelästigung wurde das Landesumweltamt von den zuständigen Behörden nicht informiert. „Wir prüfen jetzt den Vorgang“, sagt der Sprecher des Agrarministeriums, Jens-Uwe Schade. „Natürlich ist organischer Dünger gut für die sandigen und wenig fruchtbaren Böden und auch preiswerter für die Gemüseanbauer – aber trotzdem muss der Immissionsschutz eingehalten werden.“

Die betroffenen Einwohner von Prötzel werden den Geruch also zumindest bis zum Ende der Anlieferung – und dann wieder im Frühjahr ertragen müssen, wenn der Dünger auf die Felder gebracht werden darf. „Die Holländer lachen sich krank, dass sie ihren Dreck in Ostdeutschland loskriegen“, sagt Jonas Humboldt, der Nachbar der Misthaufen : „Und sollte die Geschichte mit dem Luxushotel hier tatsächlich klappen, würden die Gäste wahrscheinlich schnell die Flucht ergreifen.“ Sandra Dassler

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