Brandenburg: Nachholbedarf trotz Boom
Brandenburgs Export-Umsatz stieg um 32 Prozent / Neues Außenwirtschaftskonzept für 2008
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Potsdam - Brandenburgs Exportwirtschaft boomt – allerdings auf niedrigem Niveau: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verkauften die märkischen Unternehmen Waren für mehr als fünf Milliarden Euro ins Ausland. Das sind fast 32 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2006. Von einem neuen Rekord sprach gestern Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) anlässlich der gemeinsamen Außenwirtschaftskonferenz der Länder Brandenburg und Berlin in der Industrie- und Handelskammer Potsdam. Junghanns hält es für realistisch, dass Brandenburgs Exporte 2007 erstmals die Zehn-Milliarden-Euro-Marke überschreiten.
Dennoch liegt die Exportrate am brandenburgischen Gesamtumsatz nur bei knapp 24 Prozent, also weit unter dem deutschen Durchschnitt von mehr als 40 Prozent. Nachbar Berlin erreicht immerhin eine Exportquote von 30,4 Prozent. Allerdings waren beide Länder nach der Wende auch von einem geringen Niveau gestartet. In Brandenburg lag die Exportquote Mitte der 90er Jahre bei zehn und in Berlin bei unter 20 Prozent.
Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) sagte, die weitere Internationalisierung sei eine Schlüsselfrage für die Wirtschaftsregion. Insbesondere solle eine noch bessere Verflechtung mit Osteuropa erreicht werden. Schon jetzt ist Polen wichtigstes Export-Ziel Brandenburgs: Waren im Wert von 693 Millionen Euro wurden im ersten Halbjahr 2007 in das Nachbarland verkauft. Das sind mehr als 13 Prozent aller Gesamtausfuhren in diesem Zeitraum. Es folgen Frankreich und die USA mit 11 und 8,4 Prozent.
Eine neues brandenburgisches Außenhandelsbüro in Polen werde es aber definitiv nicht geben, so Junghanns. Dabei hatte sich Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erst im Mai dieses Jahres dafür ausgesprochen, weitere Büros in Polen und anderen osteuropäischen Staaten zu eröffnen, um die rasant wachsenden Märkte „vor der Haustür“ zu erschließen. Sein Wirtschaftsminister verwies gestern aber auf die bereits bestehenden Auslandsbüros in Dubai und Moskau sowie auf das brandenburgisch-baltische Wirtschaftsbüro der Handwerkskammer Frankfurt/Oder in Lettland.
Junghanns sieht gerade beim brandenburgischen Mittelstand Nachholbedarf in Sachen Export. Vor diesem Hintergrund will die Landesregierung bis zum Ende dieses Jahres ein neues Außenwirtschaftskonzept „Brandenburg International“ vorlegen. So sollen ab nächstem Jahr märkische Betrieben Außenwirtschaftsassistenten einstellen können, dessen Gehalt zur Hälfte von Land und EU gezahlt wird. Die Assistenten sollen Export-Know-how sowie Landes- und Sprachkenntnisse in die Firmen einbringen.
Wolf und Junghanns betonten, dass ihre Länder nun auch die Förderrichtlinien in der Außenwirtschaft aneinander angeglichen haben. Zudem sei die gemeinsame Präsentation unter dem Dach der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg auf Messen besonders wichtig, so Wolf. 2008 werden beide Länder auf 14 Auslands-Messen gemeinsam auftreten. Auch die Außenwirtschaftskonferenz haben Berlin und Brandenburg dieses Jahr zum dritten Mal gemeinsam organisiert. Rund 150 Vertreter aus der Wirtschaft nahmen daran teil.
Themenschwerpunkte waren Außenhandelsbedingungen und Marktchancen in der Türkei und Brasilien. Gehandelt wird schon jetzt mit beiden Ländern: In die Türkei liefern Brandenburg und Berlin vor allem Energietechnik, nach Brasilien Pharmazeutika. Rund 280 Millionen Euro erwirtschafteten die Unternehmen der Region so im ersten Halbjahr 2007. Zudem importierte Brandenburg in diesem Zeitraum für 160 Millionen Euro vor allem Erze aus Brasilien und für mehr als 50 Millionen Euro Elektrotechnik und Kunststoffe aus der Türkei. Die Beziehungen sollen nun ausgebaut werden. So hofft man in Berlin auf die Ansiedlung westeuropäischer Zentralen türkischer Unternehmen und in Brandenburg darauf, Energietechnologie nach Lateinamerika zu exportieren.
Juliane Wedemeyer
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