Brandenburg: Nasse Füße
Durch eine kontrollierte Polder-Flutung waren die Menschen im Havelland nicht in Gefahr
Stand:
Rhinow/Potsdam - Für den Ernstfall liegen schon mal 3000 gefüllte Sandsäcke bereit. Doch an den denkt im Amt Rhinow im Brandenburger Landkreis Havelland trotz des Katastrophenalarms nach der Flutung der Polderdeiche im Moment niemand. „Alles verläuft kontrolliert“, sagt Amtsdirektor Jens Aasmann. Menschen sind in ihren Häusern und Wohnungen nicht in Gefahr. Landwirte mussten durch das Hochwasser jedoch einen unfreiwilligen Stopp einlegen: Auf ihren Feldern und Wiesen steht das Wasser. Die Ernte könnte verloren sein.
Die etwa 250 Quadratkilometer große Kommune, zu der die 1700-Einwohner-Stadt Rhinow, einige Dörfer und Gehöfte gehören, liegt direkt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt. Grenzfluss ist die Havel, ein Arm der Elbe, die etwa 20 Kilometer weit entfernt im Nachbarland liegt.
Der Blick des örtlichen Katastrophenstabes geht gespannt nach Sachen-Anhalt. Die beste Nachricht ist, wenn das Wasser dort sinkt. Am Sonntag waren Wehrtore geöffnet worden, um die Elbe vom Hochwasser zu entlasten. Das Wasser floss in die Havel und von dort weiter in extra vorgehaltene Polderflächen. Auf den Überflutungsflächen sind Felder und Wiesen, die von Landwirten genutzt werden. Die stehen stellenweise nun unter Wasser, mal mehr oder weniger hoch, je nachdem wie der Boden beschaffen ist. Als erstes laufen kleine Senken voll. Insgesamt können die Havelpolder rund 250 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. Die Fläche im Amt Rhinow war am Dienstag erst zu einem Drittel gefüllt. Für die Landwirte in der Region ist im schlimmsten Fall die Ernte verloren. Das hängt davon ab, wie lange das Wasser bleibt. „Zehn Tage kann ein Weizen- oder ein Roggenbestand auch mit nassem Fuß stehen bleiben“, sagt der Präsident des Landesbauernverbandes, Udo Folgart. Die Landwirte im Havelland seien in diesem Jahr viel besser auf das Hochwasser vorbereitet gewesen als noch 2002. Alle Tiere waren schon am Samstag in Sicherheit gebracht worden.
Die aktuelle Flutung der Havelpolder laufe für die Landwirte in großer Ruhe ab, sagt der Verbandschef. Die Überflutungsflächen seien diesmal in einer besseren Reihenfolge geöffnet worden - zunächst Grünflächen und danach Ackerland.
Bilder von absaufenden Ortschaften, von plötzlich mitten im Wasser stehenden und von der Außenwelt abgeschnittenen Gehöften gibt es im Westhavelland indes nicht. „Sie müssten schon den ganzen Tag im Wasser stehen, um zu bemerken, wie es steigt“, erläutert Amtsdirektor Aasmann. Allenfalls einige kleinere Straßen seien gesperrt. Im Poldergebiet liegen die Orte Gülpe, Hohennauen, Parey, Prietzen oder Rübenhorst. Die Polderdeiche sind für einen Wasserstand eingerichtet, der die Höhe von 26,40 über NN erreicht. Das würde im Polder eine tatsächliche Wasserhöhe bis zu 1,50 Meter bedeuten - je nach Geländehöhe.
Keller oder tiefer gelegene Gebäudeteile können allerdings schon vorher volllaufen – da kann man sich nasse Füße holen. Aber nicht, weil das Flusswasser zu nahe rückt, sagt Aasmann. „In dem Falle ist es Grundwasser.“ Der Amtsdirektor sieht sich gerüstet, sollte es doch noch bedrohlich werden. Einsatzkräfte sind schon in der Nähe, weil sie noch in Sachsen-Anhalt helfen. „Sie wären schnell auch bei uns“, sagt er. G. Janicke und A. RiedelAMT RHINOW]
G. Janicke, A. Riedel
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: