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Brandenburg: Naturschutzgesetz: Kritik von allen Seiten

Umwelt- und Wirtschaftsverbände kämpfen gegen den Koalitionsentwurf

Potsdam. Brandenburgs Umweltverbände wehren sich weiter entschieden gegen die Pläne der SPD/CDU-Koalition, das Brandenburger Naturschutzgesetz zu entschärfen. Auf einer Anhörung im Landtag zerpflückten sie am Mittwoch den Gesetzentwurf von Agrar- und Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD), der Ende Februar vom Parlament verabschiedet werden soll. „Der Geist des Gesetzes ist: Investoren sollen es leichter haben – ohne Rücksicht auf Verluste in der Natur“, sagte Tom Kirchey vom Brandenburger Naturschutzbund. Wohin eine solch einseitige Politik führe, könne man an den landschaftsverschandelnden Windparks sehen. Es sei bedauerlich, so Kirchey, dass Brandenburg Bundesrecht nur „auf unterstem Niveau“ umsetze. „Vor zehn Jahren hatte Brandenburg den Spitzenplatz im Naturschutz der Bundesrepublik. Mit der Novelle übernimmt es die rote Laterne“, sagte Burkhard Voß vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Man müsse sich Sorgen machen, was vom „Tafelsilber der Einheit“, wie Wolfgang Schäuble einmal die Brandenburger Naturschätze nannte, übrig bleibe.

Tatsächlich galt die Naturschutzpolitik des Landes einst als überaus ambitioniert. Das bisherige Gesetz, das noch die Handschrift des früheren Umweltministers und heutigen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) trägt, ist eins der strengsten der Bundesrepublik. Ein Drittel der Landesfläche wurde unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellt.

Besonders der CDU ist jedoch die „investitionshemmende Umweltbürokratie“ seit langem ein Ärgernis. „Kein großes Wirtschaftsprojekt ist am Naturschutz gescheitert“, widersprach Kirchey. Und Karsten Sommer von der Grünen Liga verwies darauf, dass unter den rund 14000 Verfahren vor Verwaltungsgerichten im Vorjahr „nicht einmal ein Dutzend“ Naturschutz-Streitfälle seien.

Eine Hauptkritik der Umweltfachleute an der Novelle: Die Kompetenzen der ehrenamtlichen Naturschutzbeiräte sollen beschnitten werden. Sie müssen zwar auch künftig bei Bauvorhaben von Behörden angehört werden, können aber kein Veto mehr einlegen. Selbst in Bayern hätten Naturschutzbeiräte mehr Kompetenzen, kritisierte Kirchey. Mit dem Wegfall des Einspruchsrechts brüskiere Brandenburg viele ehrenamtliche Fachleute, auf deren Rat die Behörden bislang gern zurückgegriffen hätten, sagte Gerhard Casperson, langjähriger Vorsitzender des Naturschutzbeirates in Potsdam-Mittelmark. Seine Prognose: Bisherige Mitglieder würden künftige „keine Veranlassung mehr sehen, ihre Zeit und ihr Fachwissen kostenlos ausnutzen zu lassen“.

Ursprünglich waren noch schärfere Einschnitte geplant, die die Union jedoch bei der SPD nicht durchsetzen konnte. So gehen auch künftig die Klagerechte von Umweltverbänden über das Bundesniveau hinaus: Sie gelten in Brandenburg nicht nur für Naturschutzgebiete, sondern auch für Landschaftsschutzgebiete.

Dieses Recht wiederum ist nur eine der Klauseln, die auf Kritik der anderen Seite stoßen. Denn den Kommunal- und Wirtschaftsverbänden oder auch den Waldbesitzern, den Fischern und dem Bauernverband geht die Naturschutznovelle noch immer zu weit: Schließlich sei Brandenburgs Kulturlandschaft „kein Urwald, sondern Ergebnis harter Arbeit“. Unzumutbare Einschränkungen durch den Naturschutz seien im Land gängige Praxis, kritisierte der Waldbesitzerverband. Naturschutz sei ein „Standortnachteil für Brandenburg“ geworden.

Umweltminister Birthler kommentierte die Anhörung am Ende unbeeindruckt: Die Kritik beider Lager zeige, dass „die Novelle ein ausgewogener Kompromiss“ sei.

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