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Brandenburg: Neonazi-Anwalt will Anwesen in Prignitz

Gemeinde Kleinow bei Perleberg befürchtet Aufbau eines Schulungszentrums Im niedersächsischen Delmenhorst ging NPD-Mann Rieger zuletzt leer aus

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Kleinow/Potsdam - Der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger will in der Prignitz ein Grundstück erwerben. Nach Informationen dieser Zeitung plant der Eigentümer eines großen Anwesens in dem Dorf Kleinow, das bebaute Grundstück zu verkaufen – und nennt als einen Interessenten den millionenschweren Anwalt Rieger, der seit November auch im Bundesvorstand der NPD sitzt. Rieger hat mit seinen Immobiliengeschäften schon mehrfach große Aufregung verursacht, zuletzt mit dem versuchten Kauf eines Hotels in Delmenhorst bei Bremen. Bei dem Anwesen in Kleinow, das zur Gemeinde Plattenburg gehört, handelt es sich um ein mehr als 14 000 Quadratmeter großes Areal mit mehreren Gebäuden, in denen sich dutzende Personen versammeln und auch übernachten könnten.

Außer Rieger gebe es keinen Kaufinteressenten, sagte der Besitzer, Norbert R., dieser Zeitung. Im Landesinnenministerium hieß es, „nach derzeitigen Erkenntnissen ist kein Scheinkauf geplant“. Die Sicherheitsbehörden und die Bürgermeisterin von Plattenburg, Gudrun Hoffmann (parteilos), befürchten daher den Aufbau eines rechtsextremen Schulungszentrums. „Ich habe schlaflose Nächte“, sagte Hoffmann. Die 4000 Einwohner zählende Gemeinde fürchte, als braune Hochburg stigmatisiert zu werden. Hoffmann, die erst vor kurzem von dem möglichen Verkauf an Rieger erfuhr, versuchte am Dienstagabend, den Besitzer des Geländes umzustimmen. Norbert R. stehe „finanziell das Wasser bis zum Hals“, berichtete die Bürgermeisterin. Er habe ihr gesagt, Rieger habe mehr geboten als andere Interessenten. Norbert R. habe allerdings keine Summe nennen wollen.

Dem rechtsextremen Anwalt liegen nach eigenen Angaben etwa 200 Immobilienangebote aus dem Bundesgebiet vor. „Ich will nicht ausschließen, dass auch die Prignitz dabei ist“, sagte er dieser Zeitung. Rieger bestritt aber, schon den Kauf signalisiert und einen Betrag genannt zu haben.

Die NPD, die bereits länger nach einer größeren Immobilie in Brandenburg sucht, sichtet angeblich 21 Angebote. „Da war auch etwas aus der Prignitz dabei“, sagte Parteisprecher Klaus Beier dieser Zeitung. Er wisse aber nicht, ob Rieger eingeschaltet sei. Sollte der Anwalt die Immobilie privat erwerben, sei dennoch zu erwarten, dass die NPD sie mitnutzen könne, sagte Beier.

Die Gemeinde Plattenburg hat offenbar kaum Chancen, einen Verkauf des Anwesens in Kleinow an Rieger zu verhindern. Die Gemeinde habe zwar ein Vorkaufsrecht, aber keinen finanziellen Spielraum, sagte Bürgermeisterin Hoffmann. „Ich fühle mich so hilflos“, klagte Hoffmann. Plattenburg habe schon unter 25 Prozent Arbeitslosigkeit zu leiden, „und jetzt droht noch ein NPD-Stützpunkt“.

Nach Informationen dieser Zeitung haben bundesweit bereits zwölf Rechtsextremisten Immobilien erworben, die sie anschließend der NPD für Veranstaltungen zur Verfügung stellten. Außerdem seien 17 Kaufabsichten von Rechtsextremisten bekannt, die mit der NPD kooperieren, heißt es in Sicherheitskreisen.

Rieger ist dafür bekannt, verbissen um eine Immobilie zu kämpfen. In Delmenhorst wollte der Anwalt über seine „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation“ ein Hotel kaufen, um dort ein Schulungszentrum einrichten. Rieger bot 3,4 Millionen Euro, obwohl der Verkehrswert der Immobilie deutlicher niedriger ist. Im Dezember erwarben die Stadt Delmenhorst und eine Bürgerinitiative das Hotel für drei Millionen Euro, um den Verkauf an den Rechtsextremisten zu verhindern. Rieger will aber nicht aufgeben. Er werde weiter um dieses Hotel kämpfen, sagte er dieser Zeitung. Mit Immobilienkäufen war er auch schon in Niedersachsen und in Schweden aufgefallen.

Der Anwalt, der seit Jahrzehnten eine Führungsfigur der rechtsextremen Szene ist und mehrfach mit der Justiz in Konflikt geriet, ist vor allem als Organisator der Aufmärsche zum „Gedenken“ an Rudolf Heß im fränkischen Wunsiedel bekannt geworden. Außerdem hat er in vielen Prozessen Rechtsextremisten verteidigt. Derzeit vertritt er vor dem Landgericht Mannheim den Holocaust-Leugner Ernst Zündel.

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