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Eine Umzugskiste reicht eher nicht. Seit 1969 steht der Neptunbrunnen zwischen Marienkirche und Rotem Rathaus. Jetzt könnte er wieder umziehen – das Geld dafür wurde jedenfalls bewilligt. Der Senat ist aber nicht so begeistert. 

© Kitty Kleist-Heinrich

Brandenburg: Neptuns Reise

Der Bund macht Druck: Der Brunnen soll zurück zum Schlossplatz, wo er bis 1969 stand. Zehn Millionen Euro zahlt er dafür, weitere fünf für ein Café auf dem Dach des Schlosses

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Das war ein Coup, ohne Aufsehen, es wurden Fakten geschaffen: Der Finanzausschuss des Bundestages hat mal eben zehn Millionen Euro für einen schwer wiegenden Eingriff in die Landkarte von Berlins historischer Mitte freigegeben – ohne dass das Land bisher über die Versetzung des Neptunbrunnens an seinen historischen Ort überhaupt entschieden hatte.

Am Geld wird es nicht scheitern, lautet die Botschaft, ein „starkes Signal, dass der Brunnen zurückkehren muss an seinen ursprünglichen Platz“, so der Sprecher für Stadtentwicklung der CDU, Stefan Evers. Der Bund schlägt damit den Gegnern dieses Eingriffs die vielleicht schärfste Waffe aus der Hand: Wegen der hohen Kosten eines Brunnenumzugs zum Schlossplatz hatte der Senat bisher diese Diskussion oft abgebogen. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher etwa erklärte noch im Juli vergangenen Jahres in einem Tagesspiegel-Interview: „Es wäre ein Fehler, ihn jetzt zu versetzen“. Sie spricht sich für eine „zeitgenössische“ Gestaltung der Schloss-Umgebung aus.

Doch der 1888 von Schinkels Zeitgenossen Reinhold Begas realisierte Schlossbrunnen ist ein kraftvoller Solitär, der sich auch am zeitgenössischen Rathaus-Forum behauptet hat. Im Winter umkreisen ihn Schlittschuhläufer, im Sommer kühlen sich Berliner drin ab. Es zählt zu den Eigenarten des Areals am Fuße des Fernsehturms, dass es auch Schauplatz von Gewalt und Trinkgelagen ist. Auch deshalb plant der Senat einen Wettbewerb, um die zugige Brache neu zu ordnen.

Den Schlossplatz dagegen, wo der Brunnen nach dem Willen des Bundes hin soll, gibt es heute nicht mehr. Er ist verschwunden unter Pflaster und Straßen, die einen Bogen um eine Baufläche machen, die niemand mehr nutzen will. Nichts deutet darauf hin, dass das hier einer von Berlins Hotspots war. Der Schlossbrunnen stand auf dem Platz, genau in der Achse zur Flaniermeile Breite Straße, die von Süden zum Humboldtforum führt. Nun sind in der Breite Straße wieder hunderte Wohnungen, Läden und Cafés geplant, ein neues Quartier, dem der Schlossplatz und sein Brunnen als Treff- und Bezugspunkt dienen werden.

„Der Brunnen wäre auch ein Highlight für die Besucher, die von der Museumsinsel durch das Schloss in das Quartier an der Breite Straße promenieren werden“, sagt Schlossbauherr Manfred Rettig, Chef der Stiftung Schloss Humboldtforum. Der 1891 eingeweihte Brunnen war ein Geschenk des Berliner Magistrats an Kaiser Wilhelm II. Als zentraler Bezugspunkt für die neue Berliner Bürgerstadt, die an der Breite Straße entsteht, fände er gleichsam zu seiner Bestimmung zurück.

Vor allem aber freut sich Schlossbauherr Rettig über die fünf Millionen Euro des Bundes für den Bau des Dachrestaurants. „Der Ausblick wird noch spektakulärer als vom Reichstagcafé“, sagt er und für die Besucher werde es ein Anreiz sein, auch die Museen, Ausstellungen und Events in den Obergeschossen des Schlosses zu besuchen. Rolltreppen werden das Durchmessen des Schlosses erleichtern.

Der Senator für Stadtentwicklung Andreas Geisel reagierte auf die Bundesmillionen so: „Berliner Stadtentwicklung wird in Berlin gemacht und nicht im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages.“ Der Senat führe eine ergebnisoffene „Stadtdebatte“ über die Alte Mitte zur Gestaltung des Bereichs zwischen Fernsehturm und Spree. „Solange dieser bürgerschaftliche Prozess nicht abgeschlossen ist, steht eine Versetzung des Neptunbrunnens nicht zur Diskussion“. Das verbiete der Respekt vor dem politischen Versprechen an die Bürger.

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