Ermittlungen: Neue Spur zum Entführer
Die Polizei bringt ein auffälliges Kajak mit dem Kidnapper in Verbindung, der einen Geschäftsmann am Wochenende brutal entführte. Die Großfahndung wird fortgesetzt und es gehen immer mehr Hinweise ein.
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Berlin/Storkow - Bei der Polizei gehen nach der Entführung eines 51-jährigen Geschäftsmannes immer mehr Hinweise auf den möglichen Täter ein. Einige Bürger haben demnach Boote an ungewöhnlichen Stellen gesehen, andere auch Angler, die gar nicht wirklich angelten. Die Beschreibungen könnten auf den gesuchten Täter zutreffen, ebenso die Hinweise zu den Orten, wo sich Personen offenbar auffällig verhalten haben, sagte ein Sprecher. „Wir gehen jedem Hinweis nach“, sagte ein Polizeisprecher. „Wichtig ist, dass die Bürger uns alles melden, was ihnen aufgefallen ist.“
Am Mittwochabend wurde der Fall in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“ präsentiert – und zwar als „Studiofall“. Für eine szenische Darstellung des Tathergangs im Kurzfilm mit Laiendarstellern sei die Zeit zu knapp gewesen, hieß es bei der zuständigen Agentur. Moderator Rudi Cerne bat um Hinweise zu der Tat, die auf Wunsch auch anonym gegeben werden können.
Bereits am Sonntagabend haben Beamte im Schilf in der Nähe der Insel, auf der der Geschäftsmann vom Entführer von Freitagabend bis Sonntag früh festgehalten worden war, ein Kajak gefunden. Bei dem gelb-roten, vier Meter langen Boot handelt es sich nach Angaben der Ermittler um ein seltenes Modell. Das Kajak weise deutliche Gebrauchsspuren auf, die Farbe sei teilweise abgeplatzt, allerdings ist auch ein neues schwarzes Seil angebracht. Am Bug des Kajaks war jenes Klebeband befestigt, das dem bei der Entführung verwendeten gleicht. Spezialisten im brandenburgischen Landeskriminalamt (LKA) untersuchen Fingerabdrücke und DNA-Spuren, die an dem Boot sichergestellt wurden.
Die Ergebnisse der Tests sowie das abschließende Gutachten das Bundeskriminalamtes zum Projektil, das der Entführer im Haus des Unternehmers abgefeuert hatte, liegen noch nicht vor. Nach einer vorläufigen Einschätzung stammt die Kugel aus derselben Pistole wie beim Anschlag auf die Berliner Millionärsfamilie P. in Bad Saarow im Herbst 2011. Die Polizei geht deshalb von einem gefährlichen Serientäter aus, der sich in der Gegend bestens auskennt.
Die Polizei sucht noch ein weiteres Boot. „Wir vermuten, dass der Täter damit über den See zum Wohnhaus des Opfers gekommen war und den Mann damit zum Versteck verschleppt hat“, sagte ein Polizeisprecher. Immer wieder kreiste am Mittwoch ein Hubschrauber über dem Schilfgürtel des Großen Storkower Sees und des Kanals zum Scharmützelsee in Wendisch Rietz. Der 51-Jährige hatte sich bei der Entführung an dem Kajak festhalten müssen und war durchs Wasser gezogen worden. Später waren beide in ein anderes Boot umgestiegen.
Den See, 60 Kilometer südöstlich Berlins, umgibt ein dichter Pflanzengürtel. Er ist bis auf wenige Bootsstege und Badestellen nur schwer zu durchdringen. Hier lassen sich ein Ruderboot, aber auch ein größeres Motorboot leicht tarnen. Deshalb befragt die Polizei jetzt Angler, Hausbootbesitzer, Jäger und Anrainer, ob sie in den letzten Wochen und Monaten an Land oder auf Wasser etwas bemerkt haben. „Wir klappern jeden ab. Vielleicht hat sich der Täter schon vorher in der Region auffällig verhalten“, hieß es von der Polizei. Greifbare Ergebnisse brachte diese Aktion aber noch nicht.
Erneut durchsuchte die Polizei bei einem Großeinsatz mit 200 Beamten auch am Mittwoch das Gebiet hinter dem Wochenendgrundstück des Entführungsopfers nach einem Versteck des Täters. An den Waldwegen patrouillierten Polizisten mit Schusswaffen und Schutzwesten. Einzelne Radtouristen reagierten mit „gemischten Gefühlen“ auf die Streifen. „Nach den ersten Meldungen am Montag und Dienstag nahmen wir das noch ziemlich locker“, erzählte Winfried Buder aus Münster. „Inzwischen ist die Neugierde einer gewissen Vorsicht gewichen, weil die Polizei den Kerl einfach nicht finden kann. Da stellt sich schon eine gewisse Angst ein.“ Erst durch die Nachrichten über das Verbrechen sei vielen Gästen die große Zahl leer stehender Gebäude rund um den See aufgefallen. Da könne sich jemand wahrscheinlich eine sehr lange Zeit verstecken. Zahlreiche größere Gebäude stammen von Kinderferienlagern und Betriebsferienheimen aus DDR-Zeiten. Auch viele einfache Bungalows rotten ungenutzt vor sich hin.
Keinen Zutritt hatten Neugierige zum weitläufigen Truppenübungsplatz gegenüber dem Storkower Ortsteil Hubertushöhe, wo der entführte Berliner Geschäftsmann ein Haus mit Seegrundstück als Nebenwohnsitz hat. Dort durchsuchten Spezialkräfte nochmals Gebäude und den Boden nach möglichen Gruben oder Erdhöhlen. Zum Einsatz kamen erneut speziell ausgebildete Mantrailer-Hunde, die verschiedene menschliche Gerüche fein unterscheiden und einzelne Spuren zielsicher verfolgen können. Die Tiere nehmen sie sowohl am Boden als auch in der Luft auf. Auch Taucher wurden zur Suche nach Spuren des Täters eingesetzt. Die Kontrolle von Hausbooten an der Schleuse Wendisch Rietz setzte die Polizei ebenfalls fort.
Wie berichtet war der Täter am Freitagabend in das Haus des Investmentunternehmers eingedrungen und hatte den 51-Jährigen auf eine Schilfinsel nahe dem Ort Wendisch Rietz verschleppt. Der Kidnapper wollte ein Lösegeld in Millionenhöhe erpressen. Schließlich gelang dem Opfer aber am Sonntagmorgen die Flucht. Die Familie steht seither an einem geheim gehaltenen Ort unter Polizeischutz.
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