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Brandenburg: Neuer Krach um Schallschutz

Es wird laut um Schönefeld. Schallschutz hat am BER bisher kaum ein Haus. Jetzt rügen Landräte und ein Berliner Bezirk die rigide Flughafenpraxis

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Potsdam - Es kracht wieder, obwohl keine Flugzeuge in Sicht sind. Am künftigen Hauptstadtflughafen eskaliert erneut der Konflikt um den Schallschutz, ohne den der BER nicht eröffnen darf. Doch fünf Jahre nach der geplatzten Eröffnung sind fast nirgendwo die nötigen Dämmungen eingebaut. In dem Gebiet haben rund 25 000 Haushalte darauf Anspruch, davon 16 900 in Brandenburg.

Nun provoziert die Flughafengesellschaft (FBB) schon wieder Unmut und Protest. In einem den PNN vorliegenden Schreiben an Brandenburgs Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider, der inzwischen FBB-Aufsichtsratsvorsitzender ist, beklagen sich der Treptower Bezirksbürgermeister Oliver Igel und die Brandenburger Landräte Stefan Loge (SPD) aus Dahme-Spreewald und Kornelia Wehlan (Linke) aus Teltow-Fläming über eine nach wie vor zu rigide FBB-Bewilligungspraxis auf dem Rücken von Anwohnern. Eine Antwort darauf gibt es bislang nicht. Im BER-Sonderausschuss des Landtages hielt sich Bretschneider am Montag bedeckt. Dabei hatten sich FBB und „Dialogforum“ der brandenburgischen Anrainerkommunen und Berliner Stadtbezirke erst letzten Herbst auf eine Kompromisslinie verständigt, eine „Matrix“ zum Umgang mit Konfliktfällen. Und der Flughafen hatte eine moderatere Linie zugesagt. „Mich wundert schon, dass der Flughafen nicht wenigstens eine Front bereinigt“, sagte Landrat Loge am Mittwoch den PNN. Mit der jüngsten Verschiebung habe der Flughafen „wieder einmal“ die Chance, den Schallschutz rechtzeitig fertigzustellen.

Das Verfahren – auf Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses – ist kompliziert und konfliktträchtig: Die Flughafengesellschaft lässt für jedes Haus – über Ingenieure und Gutachter – ermitteln, auf welche Schallschutzmaßnahmen ein Anspruch besteht. Genau diese Summe wird dann nachträglich erstattet. Doch die Beschwerden reißen seit Jahren nicht ab, dass Schallschutz für Wohnräume mit der Begründung abgelehnt wird, dass diese niedriger sind als genehmigt. Manchmal geht es dabei um ein paar Zentimeter, weil Parkett verlegt oder eine Holzdecke eingebaut wurde. Ablehnungen betreffen auch beheizte Wintergärten, die zu Wohnzimmern gehören. Oder Küchen, die kleiner als zehn Quadratmeter sind.

In den Schreiben von Landrätin Wehlan, Loge und Igel finden sich zu diesen Fällen deutliche Worte: „Wir sehen dieses mit großer Besorgnis, da wir für die Bauaufsichtsbehörden zuständig sind“, heißt es darin. Denn die stünden vor der großen Herausforderung, „zusätzlichen Wohnungsbau zu genehmigen“. Um dies sicherzustellen, möchte man „keineswegs in unnötige Diskussionen zum Bestandsschutz von Gebäuden und zur baurechtlichen Interpretation von langjährig genutzten Wohngebäuden am Flughafen Berlin-Schönefeld verwickelt werden“. Das geschieht aber. Zitat: „Leider werden durch das Vorgehen der FBB GmbH, Baugenehmigungen wie auch Stellungnahmen der zuständigen Bauaufsichtsbehörde zu interpretieren, unnötige Konflikte verursacht.“

Die FBB verteidigt ihre Linie. „Wir halten uns genau an das, was in der Matrix vereinbart wurde“, sagte Ralf Wagner, der zuständige Schallschutz-Verantwortliche bei der FBB. Man arbeite strikt nach den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses. Danach wird der Schallschutz Raum für Raum berechnet und bewilligt. Das führt dazu, dass die FBB grundsätzlich Innendämmungen erstattet, die die Anrainer – unter anderem – wegen der Verkleinerung und Beeinträchtigung ihrer Wohnräume ablehnen. Rückendeckung bekommen sie nun vom Landesumweltamt Brandenburgs. Dessen Präsident Dirk Ilgenstein verwies im BER-Sonderausschuss auf „bauphysikalische Risiken“, etwa wegen Schimmelbildung. Als er für Außendämmungen plädierte, widersprach Infrastrukturministerin Kathrin Schneider (SPD): „Das ist nicht unsere Position.“ Der neue BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup wollte sich zu den aktuellen Konflikten nicht äußern. Als im Dialogforum am Mittwoch der langjährige Vorsitzende Wolfram Hülsemann verabschiedet wurde, versicherte Lütke Daldrup aber grundsätzlich: Man wisse, dass der Airport ein Nachbar sei, der auch Zumutungen bereite. Nötig sei ein Interessenausgleich, „wo er möglich ist“. Die Anrainer sind gespannt.

nbsp;Thorsten Metzner

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