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Schulessen in Brandenburg: Neues Qualitätssiegel soll Schul-Caterer bewerten
Für Berlin hat gutes Schulessen seinen Preis, für Brandenburg nicht. Hier setzt man auf Freiwilligkeit. Das soll sich nun aber ändern - durch die Einführung eines Qualitätssiegels.
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Potsdam - In Berlins Schulküchen sind solche Zutaten längst verboten. Um auch im Land Brandenburg künftig etwa Geschmacksverstärker, künstliche Aromen und Formfleisch aus dem Schulessen zu verbannen, soll jetzt ein neues Qualitätssiegel für Caterer eingeführt werden – allerdings auf freiwilliger Basis. Das hat Staatssekretärin Anne Quart (Linke) vom Ministerium für Justiz, Europa und Verbraucherschutz am Dienstag auf einer Regierungspressekonferenz in Potsdam angekündigt. Quart nannte das geplante neue System für ein besseres Schulessen, mit dem sich künftig die rund 120 Caterer im Land freiwillig zertifizieren lassen können, sogar „deutschlandweit einzigartig“. Bislang ist es um das Schulessen in Brandenburg, das etwa jeder zweite der 240 000 Schüler im Lande zu sich nimmt, allerdings alles andere als gut bestellt – im Gegensatz zum Nachbarland Berlin.
Städte- und Gemeindebund reagiert verärgert
In der Bundeshauptstadt waren 2014 verbindliche, gesetzliche Qualitätsvorgaben für Schulessen und ein einheitlicher Preis für Caterer eingeführt worden. Brandenburg setzt mit dem geplanten liberalen Zertifizierungssystem dagegen weiterhin allein auf Freiwilligkeit. Ob es tatsächlich flächendeckend eingeführt werden kann, ist deshalb ungewiss. Das wird maßgeblich von der Bereitschaft der Caterer selbst und von der der Kommunen abhängen, die als zuständige Schulträger die Aufträge für die Mittagsversorgung vergeben. „Es ist ein Startschuss. Wir hoffen, dass wir viele überzeugen können“, sagte Quart dazu. Brandenburgs Städte- und Gemeindebund wurde am Dienstag von den Regierungsplänen zunächst einmal überrascht und reagierte verärgert. „Eine vernünftige Zusammenarbeit mit den Kommunen sieht anders aus“, sagte Geschäftsführer Karl-Ludwig Böttcher den PNN. „Das Land macht es sich zu einfach.“ Da das Land sich selbst nicht finanziell beteiligen wolle, werde Druck „über den Popanz der Freiwilligkeit“ aufgebaut.
Zu tun gäbe es in Brandenburg genug. Schon eine bundesweite Untersuchung im Auftrag des Bundesernährungsministeriums hatte im November 2014 ein Gefälle beim Schulessen in der Hauptstadtregion festgestellt. Berlin gehört demnach bei der Qualität zu den Spitzenreitern in Deutschland, Brandenburg zu den Schlusslichtern. Das spiegelt sich bereits im Preis wider. In Berlin werden für ein Schulessen im Schnitt 3,20 Euro bezahlt, in Brandenburg 2,26 Euro, wie Patrick Luchmann vom Potsdamer Verbraucherschutzministerium sagte. „Die Berliner sagen: Qualität hat ihren Preis.“ Berlin hat – auch als eine Konsequenz aus einer Noroviren-Verseuchung vor einigen Jahren – verbindliche Standards eingeführt. Das Schulessen wurde danach etwas teurer, aber gesünder. Berliner Schul-Caterer müssen sich an Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung halten – etwa den Verzicht auf Farbstoffe oder künstliche Geschmacksverstärker. Mindestens 15 Prozent der Lebensmittel müssen Bio sein, real sind es sogar rund 40 Prozent. In Berlin gibt es eine behördliche Qualitätskontrolle. Brandenburg ist gegen solche Vorgaben. Quart erklärte dies damit, dass man damit eher Widerstände provozieren würde.
Schüler, Lehrer und Eltern sollen Essen bewerten
Stattdessen soll in Brandenburg besseres Schulessen über Anreize erreicht werden. Entwickelt hat das geplante „Qualitätssicherungssystem für das Mittagsangebot“, abgekürzt „QBra“, im Auftrag des Verbraucherschutzministeriums die Control Union Akademie GmbH – für 15.000 Euro, aus Lottomitteln des Ministeriums finanziert. Wie deren Geschäftsführer Rainer Friedel erläuterte, baut das System darauf, dass Caterer mitwirken – um bei Ausschreibungen bessere Chancen zu haben. „Wir gehen davon aus, dass es Unternehmen mit hoher Eigenverantwortung sind, die sich selbst kontrollieren“, sagte Friedel. Voraussetzung für das Siegel sei aber auch ein „Logbuch der Kundenzufriedenheit“, in dem Schüler, Lehrer und Eltern das Essen bewerten. Caterer, die sich zertifizieren lassen, müssen sich zur Einhaltung der Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) verpflichten. „In den Ausschreibungen müssen die Schulträger jetzt nur noch auf der Grundlage der DGE-Qualitätsstandards zertifizierte Essensanbieter einfordern“, heißt es in der Presseerklärung des Ministeriums. „Damit entfällt bei den Schulträgern die Verpflichtung, die Essenanbieter nach ihren vertraglichen Vereinbarungen kontrollieren zu lassen, da dies durch die Zertifizierungsstelle geschieht.“ Das Qualitätssiegel, so die Idee, sollen die Caterer selbst bezahlen. Wer etwa mehr als 15 Prozent Bioprodukte verwende, bekomme Zusatzpunkte „für gehobenes Niveau“, sagte Friedel. Dass auch in Brandenburg das Schulessen wegen besserer und frischerer Zutaten teurer wird, bestritt Friedel. „Das muss nicht so sein. Es ist auch eine Frage, wie das Essen zubereitet wird.“
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