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Von Alexander Fröhlich: „Nicht ausreichend“

Ministerpräsident Platzeck soll wegen der Verbeamtungsaffäre erneut vor dem Hauptausschuss des Landtages aussagen

Stand:

Potsdam – In der Verbeamtungsaffäre um eine Landesbedienstete und frühere Geliebte von Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD) drängt die Landtagsopposition im Vorfeld des Hauptausschusses am Mittwoch auf erneutes Erscheinen von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Hinter den Kulissen gibt es zudem ein Tauziehen um die Ladung weiterer Beteiligter, darunter die Berliner Justizsenatorin und frühere Brandenburger Rechnungshof-Präsidentin Gisela von der Aue, die als Vorsitzende des Landespersonalausschusses mit der Verbeamtung befasst war. Auch Speer selbst und zwei Abteilungsleiter der Staatskanzlei sollen am Mittwoch auf Drängen von CDU, FDP und Grünen erscheinen, die ihre Fragen „nicht ausreichend“ von Platzeck beantwortet sehen.

Allerdings muss SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher alsAusschussvorsitzender wegen der Geschäftsordnung des Landtags auf die Bremse treten. Das Gremium könne „keine Beweiserhebung über Tatsachen durchführen“,„keine Zeugen laden oder befragen“, ließ Holzschuher die Opposition wissen. Er könne „keine konkreten Mitarbeiter derLandesverwaltung“ zu diesem Thema einladen, auch nicht Landesrechnungshof-Präsident Thomas Apelt, der als Privatperson Lücken in der Personalakte von Speers Ex-Geliebter festgestellt hatte.

Trotz des Verdachts der Aktenfledderei und SpeersEinflussnahme hatte Platzeck vor gut zwei Wochen im Hauptausschuss die Verbeamtung der Regierungsbediensteten als „ordnungsgemäß“ verteidigt, obwohl der Vorgang wegen der Speer-Affäre um nicht gezahlten, stattdessen aus der Staatskasse vorgestrecktenUnterhalt für ein uneheliches Kind mit der Ex-Geliebten im Zwielicht steht. Speer war als damaliger Staatskanzlei-Chef 2002 persönlich mit der Verbeamtung befasst, der Antrag dazu trägt seine Unterschrift. Platzeck dagegen erklärte im Hauptausschuss den Fall nach Aktenlage für erledigt, alle Voraussetzungen für den Karrieresprung hätten vorgelegen. Dazu will die Opposition nun von der Aue als damalige Chefin des Landespersonalausschusses hören, der hatte nach PNN-Informationen erst im zweiten Anlauf der Verbeamtung zugestimmt, weil derVorgang intern schon damals kritisch gesehen wurde.

Inwiefern der Hauptausschuss dies aufklären und dieBeteiligten tiefgehend befragen kann, ist wegen der eingeschränkten Rechte des Gremiums offen, ebenso wer überhaupt erscheint. Staatskanzlei-Chef AlbrechtGerber hat Holzschuher bislang nur sein Bemühen zugesagt, „zum Teil ehemalige“,an dem Verbeamtungsverfahren beteiligte Regierungsmitarbeiter „als Gäste mit in den Hauptausschuss zu bringen“. Sollte die Opposition mit ihrem Ansinnen erneut nicht durchkommen, haben CDU und FDP bereits angekündigt, die Personalie im Immobilien-Untersuchungsausschuss zu durchleuchten. Die Grünen dagegen lehnen einen „Baby-Ausschuss“ ab.

Mit Spannung wird nun erwartet, ob Platzeck erneut in denAusschuss kommt und wie er sich zu Speer verhält. Denn der hatte erst nach derSitzung des Hauptausschusses vor zwei Wochen per Zeitungsinterview dieVaterschaft eingeräumt, ebenso 13 Jahre lang für das Kind keinen Unterhalt gezahlt und den staatlichen Unterhaltszuschuss an das Jugendamt jetzt zurückerstattet zu haben. In der bis dahin nicht eingeweihten SPD-Fraktion sorgte Speers Information über Medien für Empörung und führte auch zu einer überraschenden Reaktion von Platzecks Seite. Der hatte sich nach Speers Offensive erstmals deutlich von seinem engsten Vertrauten und politischen Weggefährten distanziert und die Klärung als „sehr spät“ gerügt.

Zusätzlichen Zündstoff hat Speer selbst geliefert – und zwar in der SPD-Fraktion, die die Sache anfangs zur Privatsache des Ex-Ministers erklärt und damit zu deckeln versucht hatte, in der seit vergangener Woche aber erstmals tiefe Risse erkennbar sind und einige Mitglieder deutlich auf Abstand zu Speer gehen. Laut Holzschuher hatte Speer nämlich in „ungewohnter Offenheit“ erklärt, dass er sich bei der Verbeamtung der Unterstellten für befangen hätte erklären müssen. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin gegen Speer und die Ex-Geliebte wegen des Verdachts auf eidesstattliche Falschaussage, weilSpeer von seiner Vaterschaft nichts gewusst haben will. Aus den nun bekannten Emails zwischen beiden geht jedoch das Gegenteil hervor.

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