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Von Alexander Fröhlich: Niemand will nach Cottbus

Justizreform stößt bei Staatsanwälten auf Widerstand / Koalitionszwist bei Rot-Rot absehbar : SPD-Fraktion will Amtsgerichte schließen

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Potsdam - Der geplante Umbau der Landgerichtsbezirke im Zuge der Polizeireform stößt im Justizapparat auf Widerstand. Die rot-rote Landesregierung strebt einen deckungsgleichen Neuzuschnitt der Gerichtsbezirke mit den vier neuen Polizeidirektionen in Potsdam, Cottbus, Frankfurt (Oder) und Neuruppin an, was die Arbeit von Staatsanwaltschaften und Polizei erleichtern soll.

Die Beschäftigen im Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft Potsdam wollen da nicht mitmachen. „Ich kenne keinen, man findet niemanden der bereit ist, nach Cottbus zu gehen und jeden Tag hundert Kilometer zu fahren“, sagte ein Mitarbeiter den PNN. Von den mehr als 200 Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft Potsdam könnten nach internen Berechnungen fast 25 Mitarbeiter – vom Staatsanwalt bis zur Schreibkraft – nach Cottbus geschickt werden. Denn Potsdam verliert komplett den Landkreis Dahme-Spreewald an den Landgerichtsbezirk Cottbus, mit dem Amtsgericht Königs Wusterhausen auch die Zuständigkeit für den wichtigen Hauptstadtflughafen BBI in Schönefeld. Frankfurt (Oder) muss die Zuständigkeit für die Uckermark an Neuruppin abgeben. Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) will dazu im Januar einen Gesetzentwurf ins Kabinett einbringen, spätestens Anfang 2012 soll der Umbau greifen.

Die Brandenburger Justiz-Gewerkschaft, die die Polizeireform ohnehin ablehnt, will die neuen Strukturen nur mittragen, wenn „es nicht zu einer Versetzung von Personal gegen seinen Willen kommt“. Es dürfe keine sozialen Ungerechtigkeiten geben, die besonders bei einfachem Personal wie Wachtmeistern zu erwarten sind. Auch dürften keine Mehrkosten verursacht werden.

Das aber ist fraglich. Pläne für eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft Flughafen, mit der Potsdam als naher Standort weiterhin für den BBI zuständig wäre, sind nach PNN-Informationen im Justizministerium bereits vom Tisch. Stattdessen wird intern eine andere Variante bevorzugt. Demnach könnte in Königs-Wusterhausen sogar ein Neubau am Amtsgericht Königs-Wusterhausen entstehen, damit wären für die Staatsanwaltschaft, die bei schweren Fälle und Ermittlungsverfahren am BBI präsent sein muss, kurze Wege nach Schönefeld garantiert. Die Kosten sind allerdings noch unklar.

Ralf Roggenbuck  von der Justizgewerkschaft sagte, der Umbau der Gerichtsbezirke sei nicht notwendig und kein „großer Wurf“. Das sehen auch die Fachleute in der SPD-Landtagsfraktion so, allerdings aus einem anderen Grund. Ihnen geht der Vorschlag von Justizminister Schöneburg nicht weit genug, womit Zwist mit der Linken in der Koalition programmiert ist. Sie wollen auch die Amtsgerichte einbeziehen. Noch in der Koalition mit der CDU hatte SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck Anfang 2009 eine Justizreform, die eine Schließung von drei der insgesamt 25 Amtsgerichte vorsah, wegen des Widerstands in den rot-schwarzen Koalition abgeblasen. Wegen des enormen Spardrucks im Landeshaushalt und schrumpfender Einwohnerzahlen forden die Experten der SPD-Fraktion einen Neuanlauf. Im Gespräch ist langfristig etwa nur noch ein Amtsgericht in jedem der 14 Landkreise und vier kreisfreien Städte.

Schöneburg dagegen – das ist auch die Linie der Linksfraktion – will so lange wie möglich an den Standorten festhalten. Denn der Staat dürfe sich nicht vorschnell aus der Fläche und den ohnehin schrumpfenden Regionen zurückziehen. Geplant ist bislang nur, das Amtsgericht Guben zu einer Außenstelle des Cottbuser Standorts zu machen, mit dem Nebenstellen-Modell soll auch das Arbeitsgericht Senftenberg erhalten bleiben.

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