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Notfallplan? In Arbeit. In Potsdam sind die Schulleiter noch dabei, Sicherheitskonzepte zu erstellen. In allen Schulen, auch in der Bürgelschule, sollen die Türen außen nur noch Knäufe haben.

© Andreas Klaer

Von Alexander Fröhlich: Nöte bei der Notfallplanung

Das Land hat den märkischen Schulen einen Katalog mit Handlungsempfehlungen für extreme Krisensituationen gegeben. An der Basis fühlt man sich trotzdem allein gelassen – auch mit den Kosten

Stand:

Potsdam – Nach dem Anschlag eines 19-jährigen Gymnasiasten auf eine Schule im bayerischen Ansbach am Donnerstagmorgen mit mehreren Verletzten sieht Brandenburgs Bildungsministerium die Einrichtungen im Land gut für Notfälle aufgestellt. Kritik kommt hingegen vom Cottbuser Schuldezernten Bernd Weiße. „Das Land hilft uns eine Notfallplanung über, die zwar richtig ist, lässt uns aber als Schulträger damit allein. Die Kosten tragen wir“, sagte er am Donnerstag den PNN. „Da ist viel Getöse dahinter, ich hätte mir die Anweisungen konkreter vorgestellt.“

In der Woche vor Schulbeginn hatte das Haus von Minister Holger Rupprecht (SPD) einen Katalog mit Handlungsempfehlungen in 23 kritischen Situationen – Amoklauf, Bombendrohungen oder sexuellen Übergriffen – an die Schulen verteilt. Diese sollten sich erstmals selbst individuelle Notfallpläne erarbeiten und regeln, wie sich Lehrer und Schüler in Notsituationen verhalten sollen. Wie weit die Schulen damit sind, konnte Ministeriumssprecher Stephan Breiding gestern nicht sagen: „Wir haben keine Rückmeldung der Schulen angeordnet.“ Der Grund: Der Verwaltungsaufwand wäre für das Ministerium zu hoch. Bei der Ausgabe der Notfallordner Ende August hatte Minister Rupprecht damit gerechnet, dass die Schulen bis zu den Herbstferien ihre Aufgaben erledigt haben. Anlass für die Notfallrichtlinien vom Land war der Amoklauf vom März in Winnenden (Baden-Württemberg) mit 16 Todesopfern.

Brandenburg war laut Ministerium damals eines der wenigen Bundesländer ohne solche Notfallpläne. Wie notwendig diese sind, zeigt ein Fall aus Perleberg. Nach zwei anonymen Drohbriefen – in einem geht es auch um Amoklauf – steht ein Gymnasium seit vergangener Woche unter Polizeischutz. Der Notfallordner vom Ministerium enthält laut Breiding konkrete Hinweise zum Verhalten bei Notfällen. Grundlage sind die mehr als 100 Seiten umfassenden Handlungsempfehlungen aus dem Nachbarland Berlin. „Es sind alles Vorschläge, die Schulen müssen eigene Krisenszenarien entwickeln, hieß es. Die meisten Schulen hätten aber ohnehin schon zuvor schulintern Pläne erarbeitet. „Aber es gab ein gesteigertes Interesse daran, auch um sich auf die Landesempfehlungen zurückzuziehen“, erklärte Breiding nun.

In Potsdam sind die Schulleiter noch dabei, Sicherheitskonzepte zu erstellen, hieß es aus dem Rathaus. Mit Polizei, Feuerwehr und städtischem Immobilienservice habe sich die Stadt darauf geeinigt, an den Türen aller Räume die Klinken außen durch Knaufe zu ersetzen, um das Eindringen von Außen zu erschweren. In Schulen, wo derzeit noch gebaut wird, passiere dies bereits. Ein Alarmsystem werde noch geprüft.

Anders in Cottbus: Schuldezernent Weiße erklärte, die Stadt als Träger von 30 Schulen habe gemeinsam mit Polizei und Schulleitern einen guten Stand erreicht. Oft seien technische Fragen zu klären gewesen: „Können die Lehrer im Amokfall die Türen von innen verschließen? Für alle Schulen kann ich das mit ja beantworten“, so Weiße. Noch nicht einheitlich geregelt sei der Alarm, nur in sechs Schulen gäbe es Lautsprecher. Bei den anderen hätte man für verschiedene Fälle wie Amok oder Feuer unterschiedliche Alarmsignale vereinbart. Diese sollen an allen städtischen Schulen einheitlich sein, „weil viele Lehrer an mehreren Schulen arbeiten“. Ein Vorbild ist Winnenden, der Code über Lautsprecher lautet dort „Frau Koma kommt“ – Koma heißt rückwärts gelesen Amok.

Der Extremfall solle auch trainiert werden, so Weiße. Bereits jetzt müsse eine Evakuierung zwei Mal im Jahr geübt werden. „Wir werden darauf drängen, dass es auch Übungen gibt, bei denen man sich verschanzen muss.“ Zudem müssten 24 Schulen in Cottbus noch mit Technik ausgestattet werden, „um Drohanrufe mitschneiden zu können“, so der Schuldezernent: „Wir wollen sagen können, dass wir alles Menschenmögliche getan haben für die Sicherheit der Kinder.“ Wenn Extremfälle wie das Verhalten bei einem Amoklauf geregelt seien, könnte auch das Vorgehen bei weniger gravierende Taten geklärt werden. „Aber wenn ich es gut machen will, hilft das Land nicht konkret“, so Weiße. Gerade Umbauten am Gebäude und am Alarmsystem seien mit technischem Aufwand und Kosten verbunden, an denen sich das Land nicht beteilige. Bald werde sich daher der Städte- und Gemeindebund einschalten, so Weiße. Es könne nicht sein, dass vom Land nur ein Richtlinienordner verteilt werde.

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