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Brandenburg: Notruf nicht erkannt

Fall Ermyas M: Zeugen belasten auch Polizei

Potsdam - Bereits vergangene Woche war beim Prozess um die Attacke auf den in Äthiopien geborenen Ermyas M. die Polizei in die Kritik geraten. Gestern rief die Aussage einer Zeugin erneut Verwunderung im Gerichtssaal hervor.

Die Zeugin hatte in der Osternacht 2006 die Notrufnummer 110 gewählt und geschildert, dass jemand von zwei Männern niedergeschlagen worden sei: „Ich habe auch gesagt, dass das Opfer leblos auf der Straße liegt und die beiden Täter geflüchtet sind“, erzählte die 20-Jährige: „Man antwortete, dass die Polizei dafür nicht zuständig sei. Ich sollte die 112 anrufen. Dann hat man mir noch einen schönen Abend gewünscht.“ Wie das Polizeipräsidium Potsdam daraufhin erst gestern mitteilte, wurde die Beamtin damals wegen des Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung angezeigt, in eine Polizeiwache umgesetzt, und es wurde ein Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet.

Die Zeugin sagte gestern ebenso wie ihr Freund aus, dass sie gesehen habe, wie zwei Männer hinter Ermyas M. hergelaufen seien. Dann sei es zu einer verbalen Auseinandersetzung, eventuell auch zu einer Schubserei gekommen. Daraufhin habe der Kleinere der beiden Ermyas M. einen wuchtigen Faustschlag ins Gesicht versetzt. Dieser sei umgefallen und habe hilflos am Boden gelegen. Anders hörte sich das Geschehen aus dem Mund des Taxifahrers Roland Sch. an. Er will gesehen haben, wie Ermyas M. hinter den Männern herlief und einen „mit voller Wucht ins Gesäß trat“. Die Reaktion des Getretenen habe er nicht gesehen, weil er Feierabend machen wollte und weiterfuhr.

Sein Kollege Sascha E. war kurz zuvor am Tatort vorbeigefahren. Er schilderte, dass er gesehen habe, wie zwei Deutsche einen dunkelhäutigen Mann bedrängten. Einer der beiden sei mit erhobenen Händen auf Ermyas M. losgegangen. Dieser habe zwar nach ihm getreten, aber das sei „eindeutig eine Abwehrreaktion“ gewesen. Als der Taxifahrer wenige Minuten später an gleicher Stelle vorbei kam, hätte Ermyas M. leblos am Boden gelegen, und dieselben Männer seien geflüchtet.

Der Tathergang bleibt unklar. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 29-jährigen Björn L. und dem 31-jährigen Thomas M. gefährliche Körperverletzung beziehungsweise unterlassene Hilfeleistung vor. Die Angeklagten bestreiten die Tat. Zwar hatte Taxifahrer Sascha E. den Angeklagten Björn L. bei einem Videovergleich an seinem „coolen Gang“ erkannt. Aber hundertprozentig sicher, sagte er gestern, sei er sich nicht. das

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