Brandenburger Erwartungen: „Nun ist es eben andersherum“
Für die Zusammenarbeit beider Länder seien ohnehin „politische Konstellationen zweitrangig“, sagt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zur neuen Entwicklung in Berlin.
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Potsdam - Brandenburgs rot-roter Regierung ist es egal, offiziell, dass in Berlin nach dem vorzeitigen Aus für Rot-Grün nun wohl doch bald eine Große Koalition regiert. Für die Zusammenarbeit beider Länder seien ohnehin „politische Konstellationen zweitrangig“, sagt Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zur neuen Entwicklung. Schließlich habe es auch in Brandenburg zehn Jahre bis 2009 eine rot-schwarze Regierung gegegeben, während in Berlin Rot-Rot regierte. „Nun ist es eben andersherum.“
Dennoch schaut man in Kabinett und Landtag durchaus mit gewisser Spannung auf den Koalitionspoker nebenan, der Auswirkungen auf die Kooperation beider Länder haben kann. Denn diese war zuletzt – trotz gleichfarbiger SPD/Linke-Koalitionen an der Spree und an der Havel – nicht spannungsfrei. So ist es seit der Berliner Wahl ein offenes Geheimnis, dass im Kabinett nicht nur Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) auf einen Wechsel im Berliner Justizressort hofft, nachdem es mit SPD-Senatorin und Brandenburgs Ex-Rechnungshofpräsidentin Gisela von der Aue – ob um die Haftanstalt in Großbeeren, Sicherungsverwahrung oder Richterpersonalien – regelmäßig Clinch gab. Bildungsministerin Martina Münch (SPD) hofft, egal wer neuer Bildungssenator in Berlin wird, dass auch die Stundentafel für die gymnasiale Oberschule vor dem in beiden Ländern gleichen Zentralabitur wieder angeglichen wird. Neuerdings haben Brandenburger Gymnasiasten vor dem Zentralabitur ein geringeres Kurspensum als ihre Berliner Altersgenossen.
Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) soll mit Blick auf den Flughafen Schönefeld und gemeinsame Infrastrukturprojekte ganz froh sein, dass die „unberechenbaren“ Grünen in Berlin nun doch nicht mitregieren. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers hatte mit seinem bisherigen Amtskollegen Harald Wolf (beide Linke) ohnehin wichtige Projekte, etwa die gemeinsame „Innovationsstrategie“, rechtzeitig vor der Wahl festgesurrt. Verbraucherschutzministerin Anita Tack (Linke) hofft, dass das Berliner Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzressort nicht wieder zerschlagen wird, nach dessen Vorbild man 2009 ihr Ministerium passgenau schneiderte. Und die Opposition? Anders als die Grünen hütet sich CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig, der Union in Berlin Forderungen für die Koalitionsverhandlungen zu schicken. „Ich werde einen Teufel tun.“ Dagegen hatten Brandenburgs Grüne ihre Parteifreunde während des rot-grünen Pokers aufgefordert, in Verhandlungen auf ein Nein zu neuen Lausitzer Tagebauen (über die gemeinsame Landesplanung), ein striktes Nachtflugverbot in Schönefeld und den Verzicht auf die im Bau befindliche Berliner Haftanstalt Heidering bei Großbeeren zu drängen, da in Brandenburg Gefängnisse halb leer stehen.
Allerdings haben in Brandenburg alle Parteien die Erfahrung gemacht, dass der Berliner Politikbetrieb traditionell auf sich fixiert ist, kaum Rücksicht auf märkische Interessen nimmt. Ein hoher Staatsdiener, der das Establisment in beiden Ländern gut kennt, formuliert es so: „Berliner sind zuerst Berliner. Die Parteien sind sich untereinander näher als den jeweiligen Brandenburger Parteifreunden.“
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