Kommunalreform: Nur Potsdam soll verschont bleiben
Die Brandenburger werden immer weniger, die Verwaltungskosten aber steigen. Jetzt liegen neue Varianten für eine Kreisreform auf dem Tisch – die Maximalversion sieht nur noch fünf statt der bislang 14 Landkreise vor.
- Katharina Wiechers
- Alexander Fröhlich
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Potsdam - Brandenburg schrumpft – zumindest was die Bevölkerungszahlen angeht. Treffen die Prognosen des Statistikamtes zu, wird sich die Zahl der Einwohner bis zum Jahr 2030 um eine Viertel Million verringern und dann nur noch bei 2,25 Millionen liegen. Die Verwaltungskosten pro Kopf steigen dadurch immer weiter an. Deshalb diskutiert die Landespolitik darüber, ob und wie Behörden oder auch Landkreise zusammengelegt werden können. Nun hat das Innenministerium drei verschiedene Varianten dafür vorgelegt: Sie sehen zwölf, acht oder fünf statt der bislang 14 Landkreise und vier kreisfreien Städte vor - wobei Potsdam bei allen Modellen seinen unabhängigen Status als kreisfreie Stadt behalten würde (siehe Grafik). Die SPD präferiert anscheinend die Variante „8 + 1“, wie die PNN aus Parteikreisen erfuhr. Das Modell entspricht am ehesten den Vorgaben aus dem SPD-Leitbild „Brandenburg 2030“, das keine Kreise unter 200 000 Einwohnern vorsieht.
Die Vorschläge des Ministeriums sind im Auftrag der Enquetekommission des Landtags entstanden, die bis 2014 ein Konzept für eine Kreisreform vorlegen soll. Basis für die Überlegungen ist eine Studie des Bochumer Wissenschaftlers Jörg Bogumil. Brandenburg liegt bei der Einwohnerzahl je Kreis auf dem vorletzten Platz in Ostdeutschland. „Diese Strukturen kann sich Brandenburg angesichts zunehmender finanzieller Engpässe nicht leisten“, heißt es in dem Gutachten. Kommunen sollten bestimmte Landesaufgaben übernehmen, vor allem beim Bau und Betrieb von Landesstraßen und bei der Forstverwaltung.
Mit offfiziellen Bewertungen der drei Varianten hielt sich die Brandenburger Politik am Dienstag zurück. Nach der ersten Kreisgebietsreform 1993 und der letzten Gemeindestrukturreform 1998 herrscht größte Vorsicht. Beide Reformen lösten Unmut aus, weil ein Großteil der Bürger ihre Verbundenheit und lokale Identität bedroht sah. Vor der Landtagswahl 2014 will also niemand unnötig für Verunsicherung bei den Brandenburgern sorgen. Zumal die radikalste Variante aus dem Ministerium nur fünf Landkreise mit je einer Grenze zu Berlin vorsieht.
Die Varianten seien keine Zielvorgabe des Ministeriums, betonte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ralf Holzschuher. Die Karten zeigten lediglich, wo es theoretisch hingehen könnte. „Ich gehe nicht davon aus, dass eines der Modelle eins zu eins umgesetzt wird.“ Ohnehin sei die SPD-Fraktion der Meinung, dass die Bedeutung der Kreisstruktur nur marginal sei – nicht zuletzt für die Bürger. Viel wichtiger sei es, wie die Aufgaben auf Ebene der Städte, Ämter und Gemeinden verteilt würden.
Auch Linke-Fraktionschef Christian Görke wollte nicht inhaltlich auf die drei Varianten eingehen. Seiner Meinung nach müsste erst geklärt werden, wer welche Aufgaben erfüllen soll – etwa im Gewerberecht, bei der Schulaufsicht oder im Straßenbau. „Erst wenn diese Fragen geklärt sind, entscheiden wir, welches Modell richtig ist“, sagte er. Bevor über mögliche Fusionen gesprochen werde, müsse außerdem über ein Entschuldungskonzept nachgedacht werden. Schließlich sei es wenig hilfreich, wenn zwei defizitäre Kreise wie Prignitz und Ostprignitz-Ruppin zusammengelegt würden. Die Linke setze sich deshalb für einen Fonds aus Mitteln des Landes und der Kommunen für eine Teilentschuldung ein.
Bei FDP und Grünen sorgte vor allem die Maximalvariante „5 + 1“ für Kritik. Sie befürchten, dass dann unzumutbare Wege zurückgelegt werden müssten und die Arbeit von Kreistagsabgeordneten auf ehrenamtlicher Basis kaum noch möglich wäre. Die Grünen-Innenexpertin Ursula Nonnemacher gab zudem zu bedenken, dass durch sogenannte Regionalkreise die Bürgerbeteiligung erschwert werden könnte. Prinzipell begrüßte sie aber den vorgelegten Vorschlag. Das Innenministerium habe damit schließlich einen Auftrag der Enquetekommission erfüllt. Angesicht der Prognosen zum Bevölkerungsrückgang könne sich niemand einer Reform verweigern.
Die CDU hält die Diskussion über die Zusammenlegung hingegen derzeit für unangebracht. „Einfach nur Landkreise oder Kommunen zusammenzulegen ist noch keine Verwaltungsreform“, sagte CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski. Zuerst müsse die Landesregierung vorschlagen, welche Aufgaben das Land abgeben könnte. Erst dann sei es sinnvoll, sich über die neue Struktur Gedanken zu machen.
Ähnlich äußerte sich auch FDP-Fraktionschef Andreas Büttner. „Bevor wir über Zusammenlegungen von Landkreisen sprechen, sollten wir uns über die Zusammenlegung von Verwaltungen Gedanken machen“, sagte er. So könnten sich zum Beispiel zwei oder drei Kommunen Aufgaben wie das Bauamt, die Meldestelle oder das Standesamt teilen und gleichzeitig politisch unabhängig bleiben. Selbes gelte für die Behörden auf Kreisebene. Er schlug vor, dass etwa das Gesundheitsamt in der Uckermark auch für den Landkreis Barnim zuständig ist, das Barnimer Bauamt im Gegenzug die uckermärkischen Angelegenheiten mitverwaltet.
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