Brandenburg: Odersun: Geschönte Sicherheiten Wirtschaftsminister in Erklärungsnot
Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gerät wegen der eigenmächtig erteilten Rettungsbeihilfe für den insolventen Solarmodulhersteller Odersun immer stärker in Erklärungsnot. Die vom Start-up-Unternehmen eingeräumten Sicherheiten reichen nach PNN-Informationen nicht aus, um durch den Totalausfall des 3,2 Millionen Euro schweren Notkredits, den Christoffers genehmigt hatte, abzufangen.
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Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) gerät wegen der eigenmächtig erteilten Rettungsbeihilfe für den insolventen Solarmodulhersteller Odersun immer stärker in Erklärungsnot. Die vom Start-up-Unternehmen eingeräumten Sicherheiten reichen nach PNN-Informationen nicht aus, um durch den Totalausfall des 3,2 Millionen Euro schweren Notkredits, den Christoffers genehmigt hatte, abzufangen. Aller Voraussicht nach dürfte das Unternehmen im Zuge des Insolvenzverfahrens nicht in der Lage sein, den Kredit zurückzuzahlen. Wie berichtet wird das Unternehmen stillgelegt, die 260 Mitarbeiter wurden zum 1. Juni gekündigt. Die Rettung durch den Einstieg der russischen Staatsholding Rusnano ist gescheitert.
Nach PNN-Informationen hatte die Landesinvestitionsbank (ILB) den Wert der Odersun-Immobilien, auf die sich das Land für den Ernstfall Ansprüche gesichert hat, als weitaus geringer eingestuft als angenommen – nämlich auf nur 1,5 Millionen Euro. Trotz dieser klaren Einschätzung und deutlicher Warnsignale der ILB, aber auch der eigenen Fachleute im Ministerium sowie eines Gutachters der Technischen Universität (BTU) Cottbus hatte Christoffers entschieden, Odersun mit dem Nordkredit unter die Arme zu greifen. Dabei sprach alles dagegen.
Von der Landtagsopposition gab es am Freitag nur Spott für Christoffers. „Er muss sagen, auf welcher rechtlichen Grundlage und mit welche Begründung er die einsame Entscheidung traf“, sagte CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer: „Wir fordern Fakten, nichts Gefühltes, kein Ich-will-die-Welt-retten.“
Für das Debakel müsse sich ganz allein Christoffers rechtfertigen, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Die Nothilfe habe nur die Personalausgaben absichert, „es war schon fast eine soziale Maßnahme“, so Vogel. „Das war blauäugig und eine krasse Fehleinschätzung, ein Unternehmen in Agonie mit Finanztransfusionen am Leben erhalten zu wollen.“
Odersun war vom Land seit Jahren üppig gestützt worden – mit Fördermitteln von mehr als zehn Millionen Euro und einer Bürgschaft von acht Millionen Euro. Dennoch verfügte Odersun praktisch über keinen Geschäftsbetrieb und keine Umsätze. Im Dezember 2011 schlug Odersun bei Christoffers Alarm, weil es keine Gehälter mehr zahlen konnte, und meldete einen kurzfristigen Bedarf von neun Millionen Euro an. Christoffers segnete die Notbeihilfe von 3,2 Millionen Euro ab, die Odersun-Gesellschafter schossen vier Millionen Euro zu. Im Februar kam die Genehmigung der EU-Kommission. Löhne und Gehälter der Beschäftigten konnten dank der Steuergelder wieder gezahlt werden, ebenso die kompletten Vergütungen der Vorstände, die seit Oktober 2010 ihre Einkünfte zu 20 Prozent gestundet hatten – ihr Salär liegt bei insgesamt 1,5 Millionen Euro. Ende März schließlich musste die Firma Insolvenz anmelden. Homeyer nannte es am Freitag „pervers und unsozial, dass ein linker Wirtschaftsminister mit knappem Landesgeld den Vorstand bezahlt. Das ist ein Skandal.“
Fest steht: Bei Odersun wurden Steuergelder in Millionenhöhe versenkt: Fördergelder, die nun fällig werdenden Bürgschaften und der Notkredit. Das Ministerium aber hält sich bedeckt. Zur Frage, wie es um die Gelder steht, teilte es mit: „Dies lässt sich erst nach Ende des Insolvenzverfahren seriös beantworten.“ Generell findet das Ministerium, es sei alles korrekt gelaufen. Alexander Fröhlich
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