Brandenburg: Opposition zwingt Rot-Rot zum Bekenntnis Eklat im Wirtschaftsausschuss um Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit von Kommunen
Potsdam - Für die Opposition war es ein Eklat: Die Vertreter der rot-roten Regierungskoalition im Wirtschaftsausschuss haben am Mittwoch versucht, eine Stellungnahme des Gremiums zu der von der Landesregierung vorgelegten Novellierung der Kommunalverfassung zu verhindern. Erst auf Drängen der Opposition bekannte sich Rot-Rot zur umstrittenen Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit der Kommunen.
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Potsdam - Für die Opposition war es ein Eklat: Die Vertreter der rot-roten Regierungskoalition im Wirtschaftsausschuss haben am Mittwoch versucht, eine Stellungnahme des Gremiums zu der von der Landesregierung vorgelegten Novellierung der Kommunalverfassung zu verhindern. Erst auf Drängen der Opposition bekannte sich Rot-Rot zur umstrittenen Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit der Kommunen.
Die vier Abgeordneten der Opposition im Wirtschaftsausschuss waren zunächst verblüfft. Die rot-rote Mehrheit des Gremiums, allen voran der SPD-Abgeordnete Sören Korsanke als Ausschussvorsitzender, versuchte, eines ihrer wirtschaftlich umstrittensten Gesetzesvorhaben von der Tagesordnung zu nehmen, ohne dass es überhaupt zu einem Votum gekommen wäre. Das Gesetz, um das es geht, die Novellierung der Kommunalverfassung, hat zu heftigen Kontroversen zwischen den Kammern und Wirtschaftsverbänden des Landes und der Regierung geführt. Denn es würde den Kommunen in wesentlich stärkerem Ausmaß als bisher erlauben, mit eigenen Betrieben in Konkurrenz zur Privatwirtschaft zu agieren. Auf einer gemeinsamen Anhörung des Wirtschafts- und des Innenausschusses war die einhellige Gegnerschaft praktisch aller Interessensvertreter der Wirtschaft des Landes noch einmal deutlich geworden.
Offensichtlich aufgrund dieser Kontroverse versuchte zunächst Korsanke jede Art der Stellungnahme zu verhindern. Er verwies darauf, dass weder die Opposition noch die Regierungsfraktionen Änderungsanträge gestellt hatten und damit keine weitere Stellungnahme des Ausschusses nötig wäre. CDU-Wirtschaftsexperte Dierk Homeyer nannte das Verhalten „absurd und lächerlich“, der Grünen-Fraktionschef Axel Vogel wertete es als klaren Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Landtags und die FDP-Vertreterin Linda Teuteberg sprach von einer „Flucht aus der Verantwortung“. Es könne nicht angehen, dass ausgerechnet der Wirtschaftsausschuss sich jeder Stellungnahme enthalte und die Sache ausschließlich den Innenpolitikern überlasse, die am Donnerstag abschließend beraten sollten. Die Kritik führte zu mehreren Sitzungsunterbrechungen und Beratungen in den Koalitionsreihen.
Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) versuchte mit dem Hinweis, er sei ja auch noch Abgeordneter, dem offensichtlich überforderten Ausschussvorsitzenden Korsanke durch Ratschläge beizustehen, was wiederum Kopfschütteln bei den Abgeordneten auslöste. Christoffers sagte, das Gesetz stelle schon eine Art Kompromiss dar, die Einwände der Wirtschaft würden berücksichtigt. Er verwies darauf, dass es inzwischen die vom Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) versprochenen Gespräche mit Vertretern der Kammern gegeben habe. Über deren Verlauf und Inhalt lagen dem Ausschuss allerdings keine Erkenntnisse vor. Mit Hinweis auf „noch laufende Gespräche“ blieb die Koalition deswegen zunächst bei ihrer Linie und bestand auf einer Erledigung ohne inhaltliche Stellungnahme. Als jedoch klar wurde, dass das jetzt offenbar doch noch nicht endgültig formulierte Gesetz damit nie wieder Beratungsgegenstand des Wirtschaftsausschusses werden könnte, erzwang ein zunächst von der CDU eingebrachter, dann von den Grünen noch zugespitzter Antrag doch eine Entscheidung.
Die Vertreter von Rot-Rot stimmten zusammen mit den Grünen der Ausweitung der Kommunalwirtschaft zu, CDU und FDP lehnen sie mit ab. Was dieses erzwungene Votum für den umstrittenen Gesetzestext tatsächlich wert ist, blieb dabei im Unklaren. Denn der Ausgang der laufenden Gespräche ist offenbar völlig offen. Platzeck hatte auf die von Unternehmern massiv und öffentlich vorgebrachte Kritik zunächst mit dem Hinweis reagiert, es handele sich um eine Angleichung an Regelungen in anderen Bundesländern. Dies wird allerdings von der Wirtschaft wie von CDU und FDP entschieden bestritten. Dort wird das Gesetz als eine Art Pilotprojekt bewertet, das auch verfassungsrechtliche Fragen berührt und in bislang unbekanntem Ausmaß Privat- und Staatswirtschaft zu Konkurrenten werden lässt.
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