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Brandenburg: „Pferd ist reiner als Schwein“
Ein stilisierter Pferdekopf lässt keinen Zweifel am Angebot: Fleisch, Wurst und warme Speisen – alles wie beim normalen Fleischer, nur vom Pferd. Ein Besuch beim Rossschlächter
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Prenzlau - Der Brandenburger Rossschlächtermeister Frank Plaumann teilt die Menschen in zwei Kategorien: Die einen sind eingeschworene Fans von Pferdefleisch und lassen nichts darauf kommen. Die anderen verziehen vor Ekel das Gesicht: undenkbar, den treuen Freund auf den Teller zu bringen. Der Skandal wegen nicht deklarierten Pferdefleischs in der Lasagne lässt Plaumann nicht kalt, bringt er doch sein Handwerk in Misskredit.
„Pferdefleisch ist das beste Fleisch“, betont der Fleischer aus dem brandenburgischen Prenzlau. Seine Kunden seien ihm seit Jahrzehnten treu. „Wichtig ist, zu wissen, woher das Tier kommt“, sagt er und betont vehement: „Ohne Pass läuft gar nichts.“ Gemeint ist der sogenannte Equidenpass, der in der Europäischen Union für Pferde, Esel, Zebras und deren Kreuzungen gilt. Jeder Halter muss ihn vorweisen. Er hält fest, welche Medikamente und Impfungen das Tier erhalten hat.
So archaisch wie sein Gewerbe heute noch ablaufe - es werde hart um den Preis verhandelt, ein Geschäft per Handschlag besiegelt und das Geld bar auf den Tisch gelegt - in puncto Pass gebe es keine Diskussion. „Darauf müssen wir und unsere Kunden vertrauen“, betont Plaumann. Jedes Tier, das er kauft, nimmt er selbst in Augenschein.
Zum Schlachter kommen die, die nicht mehr für die Zucht geeignet sind oder Leistung schuldig bleiben. Was nicht als Schlachttier ausgewiesen ist, landet in der Tierkörperbeseitigung.
Eine Sicherheitsschranke bietet aus Plaumanns Sicht die gesetzlich vorgeschriebene Untersuchung des noch lebenden Tieres durch den Amtstierarzt. Erst dann darf das Bolzenschussgerät in Aktion treten.
„Das Tier kommt in den Pferdehimmel“, meint Plaumann. Ihm ist wichtig, dem Pferd Respekt zu zollen.
Plaumann führt seinen Betrieb in dritter Generation, er hat zehn Mitarbeiter. Etwa 20 bis 30 Sorten Wurst sind im Angebot: von Käsekrainer über Pfeffersalami bis zu Bierschinken. Dazu Fleisch zum Kochen, Braten oder Grillen. Der Großvater eröffnete 1946 die Schlächterei. Beim Vater standen zu DDR-Zeiten Stunden bevor der Laden öffnete 40 bis 50 Kunden auf der Straße Schlange. 25 bis 30 Pferde wurden im Monat geschlachtet, etwa genauso viele sind es an guten Tagen auch heute noch. Neben dem Laden mit Imbiss gibt es noch drei Stände.
Annamaria Koch kauft am Freitag im Laden ein. Seit 40 Jahren ist sie Kundin bei Plaumanns. „Wenn ich nach Bayern zum Sohn fahre, nehme ich immer Rouladen mit“, sagt sie. Plaumann verkauft seine Ware seit einiger Zeit auch über das Internet. Etwa 300 Stammkunden aus ganz Deutschland ordern hier ihre Leckerbissen.
„Genier dich nicht, tritt ruhig ein, das Pferd ist reiner als das Schwein“, ist fast die einzige Werbung, zu der sich der 50-Jährige im Laden hinreißen lässt. Missionieren ist nicht sein Ding, dem zaudernden Besucher wird kein Teller mit Wurstbroten vor die Nase gestellt oder ungefragt eine Kostprobe angeboten. Dass er selbst regelmäßig Pferdefleisch isst, soll als Empfehlung reichen. Einzige Ausnahme: Geht ein eigenes Tier zur Schlachtbank, ist Trauer in der Familie angesagt. „Dann gibt es drei Tage Kaninchen.“ Gudrun Janicke
Gudrun Janicke
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