zum Hauptinhalt

Von Ingo Bach: Pflegeheime außer Kontrolle

Alle Einrichtungen sollen zwischen 2008 und 2010 geprüft werden. In Brandenburg ist man davon weit entfernt

Stand:

Potsdam - Es kann schnell gehen: Ein Sturz oder ein Schlaganfall – plötzlich ist ein Mensch ein Pflegefall. Dann muss oft in wenigen Tagen ein Heimplatz gefunden werden. Diese bisher schwierige Suche wollte der Gesetzgeber etwas erleichtern: Pflegeeinrichtungen sollen ab diesem Jahr bundesweit Schulnoten für die Qualität bekommen. Doch Pflegebedürftige im Land Brandenburg werden wohl noch lange auf diese Transparenz warten müssen. Denn der größte Teil der stationären Pflegeeinrichtungen im Land wird voraussichtlich auch Ende 2010 noch keine Bewertung für die Betreuungsqualität vorweisen können, wie es die Pflegereform eigentlich vorschreibt.

Nach PNN-Informationen ist dieses Ziel mit der zwischen Pflegekassen und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) vereinbarten Kontrollplanung bis 2010 nicht erreichbar. Seit dem 1. Juli 2008, dem Inkrafttreten der Pflegereform, wurden gerade einmal rund 15 vollstationäre Pflegeeinrichtungen geprüft – von gut 300 im Land Brandenburg. Bis Ende 2010 sieht die Prüfplanung ganze fünf weitere vor. 280 Heime in Brandenburg blieben demnach unkontrolliert.

Eigentlich müssen aber alle Heime in dem Zeitraum wenigstens einmal vom MDK geprüft werden, bevor sich ab 2011 jährliche Kontrollen anschließen. Bei diesen Kontrollen muss der MDK die Einrichtungen nach einem Schulnotensystem bewerten. Diese Noten werden ab Sommer dieses Jahres veröffentlicht. Die dafür nötige Prüfordnung steht wegen diverser Verzögerungen erst ab Mai zur Verfügung. Das bedeutet nach bisherigem Stand, dass in Brandenburg wohl weniger als fünf Heime überhaupt eine Schulnote vorweisen können. Die gesetzlich geforderte Transparenz kann Brandenburg nicht einhalten.

Hintergrund sind nach PNN-Informationen die beschränkten Ressourcen. Der MDK Berlin-Brandenburg hat im Gegensatz zu anderen Ländern bisher nicht mehr Kontrolleure eingestellt, um die größere Belastung abzufangen. Also werden Prioritäten gesetzt – und das sind in Brandenburg die ambulanten Pflegedienste. Seit Juli 2008 wurden hier bereits 155 der insgesamt 589 Pflegedienste geprüft, bis 2010 sollen alle kontrolliert worden sein.

Die brandenburgischen Pflegekassen, die die MDK-Kontrollen beauftragen und bezahlen müssen, suchen nun nach Wegen, um die Lücke zu füllen. Dem Vernehmen nach sollen zum Beispiel Heime, die in zurückliegenden Jahren ohne Beanstandungen geprüft wurden, nicht nochmals kontrolliert werden. „Wir gehen davon aus, dass alle Pflegeeinrichtungen bis Ende 2010 ein Mal kontrolliert worden sind“, sagt Jörg Trinogga, Sprecher der AOK Brandenburg. Wie dies erreichbar sein soll und auf welchen Zeitraum sich diese Aussage bezieht, das bleibt allerdings unklar.

Unklarheit herrscht auch beim Landesgesundheitsministerium, der Rechtsaufsicht für die Pflegekassen. Auch Tage nach der entsprechenden Anfrage beschied eine Ministeriumssprecherin den PNN, dass man über keine verbindlichen Zahlen verfüge und man sich deshalb nicht an Spekulationen über die drohenden Kontrolllücken beteiligen wolle.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })