Brandenburg: Pisa macht Brandenburg zum Stadtstaat
Heute werden detaillierte Ergebnisse der letzten internationalen Bildungsstudie vorgestellt / Nur wenige Lichtblicke: 15-Jährige auf niedrigem Bildungsniveau
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Heute werden detaillierte Ergebnisse der letzten internationalen Bildungsstudie vorgestellt / Nur wenige Lichtblicke: 15-Jährige auf niedrigem Bildungsniveau Von Anja Kühne, Susanne Vieth-Entus und Peter Tiede Berlin/Potsdam - Geht es nach dem ausführlichen Pisa-Bildungstest, der heute in Berlin vorgestellt werden soll, dann ist Brandenburg ein Stadtstaat. Denn auf vielen Feldern schneidet beim detaillierten Pisa-Test, bei dem das Leistungsniveau der 15-Jährigen in Mathematik im Jahr 2003 getestet wurde und der dem Tagesspiegel vorliegt, kein anderes Flächenland in Deutschland so schlecht ab, wie die Mark. Sei es beim Mathe-Wissen an Oberschulen oder an den Gymnasien: Brandenburg liegt hinten, meist nur unterboten von ohnehin problematischeren Stadtstaaten wie Berlin, Bremen und Hamburg. Lichtblick für die Brandenburger Bildungspolitiker und Pädagogen: In keinem anderen Bundesland spielt, wie bereits berichtet, der soziale Status des Elternhauses eine so geringe Rolle beim Zugang zum Gymnasium.Und: Brandenburgs Schulen nutzen Freiräume aktiv. Unter den zwölf Bundesländern, die Oberschulen/Realschulen haben, liegt Brandenburg in Mathematik mit 484 Punkten weit hinten an neunter Stelle (der Durchschnitt bei den OECD-Staaten wird mit 500 Punkten angesetzt); fast gleichauf mit Berlin an zehnter Stelle (483 Punkte). Hier sind die Jugendlichen in Bayern die stärksten (561 Punkte), gefolgt von denen in Baden-Württemberg (527 Punkte) und in Schleswig-Holstein (517 Punkte). Das Schlusslicht bildet Bremen, dessen Realschüler in Mathematik nur einen Mittelwert von 460 Punkten erzielen. Nur knapp darüber liegt Hamburg mit einem Mittelwert von 463 Punkten. Ähnlich fällt der Vergleich der Mathematik-Kompetenzen auch bei den Gymnasien aus: Die Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg liegen mit Brandenburg auf den hinteren Plätzen (siehe große Grafik). Für Deutschland weisen die Pisa-Forscher einen engen Zusammenhang zwischen den Mathematik-Kompetenzen und der sozialen Herkunft nach. Am deutlichsten zeigt sich dieser in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Bremen. Am schwächsten ist er in Brandenburg, Bayern, Thüringen und Sachsen ausgeprägt. Die Fünfzehnjährigen unterschiedlicher sozialer Herkunft verteilen sich in Deutschland nicht gleichmäßig auf die Schularten. 61 Prozent der Gymnasiasten kommen aus dem Viertel der Gesellschaft, das ökonomisch, sozial und kulturell am stärksten ist. Aus dem sozial schwächsten Viertel kommen nur acht Prozent der Gymnasiasten. Die Wahrscheinlichkeit für Kinder mit starkem sozioökonomischen Hintergrund, aufs Gymnasium zu gehen, ist in Bayern und Sachsen-Anhalt bei gleicher kognitiver Kompetenz mehr als sechs Mal höher als für Schüler mit schwachem sozioökonomischem Hintergrund (bundesweit hat ein Kind aus einer bildungsnahen Familie eine vier Mal höhere Chance). Auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg spielt der soziale Hintergrund eine große Rolle dabei, ob ein Schüler aufs Gymnasium geht. Gemessen an bundesdeutschen Verhältnissen unterdurchschnittlich ausgeprägt ist dieser Zusammenhang in Hessen, Berlin, Niedersachsen und Brandenburg. Schüler mit Migrationshintergrund (Brandenburg hat kaum welche) schneiden bei Pisa deutlich schlechter ab als Schüler mit deutschen Eltern. Bis zu 105 Punkte liegen im Schnitt zwischen diesen beiden Schülergruppen. 62 Punkte entsprechen einem Unterschied von anderthalb Schuljahren. So erreicht ein „fremdsprachiger“ Schüler, also einer der im Alltag eine andere Sprache als Deutsch spricht, in Bayern in der mathematischen Kompetenz im Schnitt nur etwa 425 Punkte, ein bayerischer Schüler deutscher Herkunft im Schnitt 560 Punkte. Den größten Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund haben Bremen (35,8 Prozent), Hamburg (34,6 Prozent) und Baden-Württemberg (31,6 Prozent). Am wenigsten ausländische Schüler gibt es in den ostdeutschen Ländern (Brandenburg: 6 Prozent, Thüringen: 3,6 Prozent, Sachsen-Anhalt: 4,4 Prozent). Deutschlands Schüler benutzen den Computer im Unterricht im Vergleich zu anderen OECD-Ländern wenig. Nur 21 Prozent sagen, dass sie mehrmals in der Woche in der Schule am Computer arbeiten (im OECD-Schnitt 39 Prozent der Jugendlichen). Allerdings gibt es zwischen den Ländern große Unterschiede. Während die Schüler in Bayern und Brandenburg dem OECD-Schnitt noch am nächsten kommen – hier arbeiten 34 respektive 31 Prozent der Schüler regelmäßig mit dem Computer – sind es in Thüringen nur 13, in Sachsen-Anhalt nur 14 Prozent. International nutzen die dänischen (65 Prozent) und australischen Schüler (58 Prozent) den Computer am häufigsten. Die schwache Quote, mit der der Computer an deutschen Schulen eingesetzt wird, benachteiligt vor allem Schüler, die keinen Computer zu Hause haben, wie aus der Studie ersichtlich wird. Auch profitieren 15-Jährige, die einen Computer besitzen, stärker vom Computereinsatz in der Schule als solche ohne Computer. Es kommt zu einem „Schereneffekt“, schreiben die Forscher. Allerdings gibt es auch Bundesländer, denen es gelingt, diesen Effekt zu vermeiden, etwa Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg. Die Pisa-Forscher haben auch untersucht, welche Probleme Schulen haben, welche Handlungsspielräume ihnen offen stehen und wie sie diese nutzen. Schulen in ostdeutschen Ländern nutzen Gestaltungsräume häufiger aktiv als die in den alten Ländern, besonders dann, wenn die Schulleiter große Probleme sehen. Die meisten mit Problemen belasteten Schulen gibt es in Bremen, die wenigsten in Baden-Württemberg. Brandenburgs Schulen schneiden – wie der ganze Osten– hervorragend ab.
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