Speers Affären: Platzeck beschließt: Gegen Speer kein Disziplinarverfahren
Die umstrittene Verbeamtung seiner früheren Geliebten, Untergebenen und Mutter der gemeinsamen Tochter bleibt für den Ex-Minister, der wegen zahlreicher Skandale seinen Hut nahm, folgenlos: er kann seine Ruhestandsbezüge weiter beziehen.
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Potsdam - Für Brandenburgs Ex-Innen- und Ex-Finanzminister Rainer Speer (SPD) bleibt die umstrittene Verbeamtung seiner Ex-Geliebten und langjährigen Untergebenen folgenlos: Nach mehr als einem Jahr Prüfung hat die Staatskanzlei nun entschieden, dass gegen den vormaligen starken Mann der Landes-SPD und engen Vertrauten von Ministerpräsident Matthias Platzeck kein Disziplinarverfahren eröffnet wird. Die Vorwürfe gegen Speer, er habe als Chef der Staatskanzlei zwischen 1999 und 2004 die Verbeamtung seiner ehemaligen Geliebten protegiert, reichten nicht aus.
Die Entscheidung hat Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) persönlich gefällt. Der beruft sich auf einen Gesetzespassus, wonach ein Verfahren nicht eingeleitet wird, wenn ein Disziplinarmaßnahme „nicht in Betracht kommt“, weil die Verbeamtung der früheren Speer-Geliebten im Jahr 2002 zu lange her ist. Drei Jahre nach dem Vergehen, dürfen nach Gesetz Dienstbezüge oder das Ruhegehalt nicht mehr gekürzt, nach sieben Jahren darf es keine Zurückstufung mehr geben. Ein Disziplinarverfahren hätte lediglich eingeleitet werden können, das zu einer Aberkennung des Ruhegehaltes führt. Diesen drastischen Schritt wollte Platzeck gegen seine früheren politischen Weggefährten dann aber nicht machen. Offiziell heißt es von der Staatskanzlei, selbst wenn Speer gegen seine Dienstpflichten verstieß, könne dieser „Fehler“ nicht zu einer Amtsenthebung oder Aberkennung der Ruhegehälter führen, auf die Speer als Staatssekretär, also als politischer Beamter, Anspruch hat, seit er von Platzeck in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde.
Mit dieser Entscheidung bleibt allerdings ungeklärt, ob Speer ein Dienstvergehen begangen hat, weil er sich bei der Verbeamtung nicht für befangen erklärt hatte. Denn eine abschließende Prüfung wurde wegen der Gesetzesfristen erst gar nicht vorgenommen, teilte die Staatskanzlei mit. Es gebe „keine objektiven Anhaltspunkt dafür gibt, dass sachfremd Einfluss genommen wurde“, sagte Regierungssprecherin Gerlinde Krahnert. Das hätten auch die Befragungen aller damals an der Verbeamtung Beteiligten ergeben. Speer wurde im Zuge des Vorverfahrens nicht einmal angehört, „dies wäre erst in einem möglichen Disziplinarverfahren erfolgt“, hieß es. Die Staatskanzlei beruft sich bei ihrer Entscheidung auch auf Rechnungshofpräsident Thomas Apelt. Der hatte jedoch eine Bewertung des Falles wegen lückenhafter Akten abgelehnt.
Speer war im September 2009 als Innenminister über eine Unterhaltsaffäre um ein gemeinsames, uneheliches Kindes mit der später von ihm verbeamtete Geliebten gestürzt. Die Frau hatte statt von Speer mehrere Jahre staatlichen Unterhaltsvorschuss für das 1997 geboren Kind bezogen. Speer hat nach seinem Rückzug aus der Politik das Geld an die Staatskasse zurückgezahlt und eingeräumt, einen Fehler begangen zu haben.
Nach Berichten aus E-Mails von seinem gestohlenen Laptop über die Unterhaltsaffäre hatte Speer im Zuge seines Rücktritts einräumen müssen, Vater des Kindes zu sein. Zugleich stand damit auch der Vorwurf im Raum, Speer habe in seiner Zeit als Staatskanzleichef von 1999 bis 2004 seine damalige Geliebte bei deren Verbeamtung bevorzugt. Speer hatte stets erklärt, er habe sich nicht befangen gefühlt, weil die Beziehung zu der Frau seit 1997, dem Jahr der Geburt des gemeinsamen Kindes, vorbei war. Dagegen war über finanzielle Gründe für die Verbeamtung berichtet worden. Denn bald danach, im Jahr 2003, endete der staatliche Unterhaltszuschuss. Die Landesbedienstete, Speer, aber auch Platzeck kannten sich aus dem Umweltministerium, das Platzeck mit Speer als Staatssekretär führte.
Die Opposition, auf deren Druck der Vorgang geprüft wurde, reagiert entsetzt auf ein Einstellung des Prüfverfahrens. Ludwig Burkardt (CDU) sprach von einem „unbefriedigenden Ergebnis für Brandenburg“. Dies untermauere die Vermutung, dass Speer nach seinem Ministerrücktritt nur deshlab äußerst schnell in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, um ihn vor einem Disziplinarverfahren zu retten. „Das Ergebnis bestätigt unseren seinerzeitigen Vorwurf, dass mit der sehr raschen Pensionierung eine Entscheidung zu Lasten des Steuerzahlers getroffen wurde.“ Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sagte, „da ist der Fall erfolgreich zu Tode geprüft worden. Es war politisch offensichtlich nicht gewollt, dass gegen Speer ein Disziplinarverfahren überhaupt ersteinmal eröffent wird.“ FDP-Innenexperte Hans-Peter Goetz erklärt, kein Verfahren einzuleiten, „ist ein falsches Zeichen“. Selbst wenn im Disziplinarverfahren die Verjährung der Verstöße festgestellt worden wäre, „dann wäre es ehrlicher und auch nachvollziehbar. Dazu hat aber offensichtlich der Wille gefehlt.“ Eigentlich hätte Speer aber ein Disziplinarverfahren wegen seiner „verkorksten Amtsführung verdient – da hat er noch mehr Schaden für das land angerichtet“, sagte Goetz mit Blick auf die Grundstücksgeschäfte in Potsdam-Krampnitz und die von Speer eingeleitete Polizeireform.
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