zum Hauptinhalt
Brandenburgs CDU-Landes- und Fraktionschefin Saskia Ludwig.

© Andreas Klaer

Interview: „Platzeck kocht energetisches Linsengericht“

Brandenburgs CDU-Landeschefin Saskia Ludwig geht beim Atomaus- und Energieumstieg auf Distanz zur Kanzlerin Angela Merkel, nimmt aber SPD-Ministerpräsident Platzeck ins Visier

Stand:

Frau Ludwig, Sie haben heute im CDU-Bundesvorstand gegen das Energie-Papier Ihrer Partei gestimmt, warum?

Grundsätzlich: Klimaschutz und daraus resultierende regenerierbare Energien befinden sich mittlerweile im Konflikt zu Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzgedanken. Und die Kostenfrage ist nicht annähernd geklärt. In dem Diskussionspapier, das uns vorgelegt wurde, fehlten Kriterien, wo Sonnenenergie- und Windkraftanlagen landschaftsverträglich sind und wo nicht. Hätte ich zugestimmt, würde es uns schwerer fallen, im weiteren Diskussionsprozess notwendige Änderungen einzubringen. Brandenburg hat mit rund 3000 Windrädern mehr als genug und deshalb muss das kostbare Gut der unversehrten Landschaft und Natur gleichrangig mit dem Interesse der Energieversorgung zum Beispiel durch Windräder abgewogen werden. Die Ankündigung von Ministerpräsident Platzeck, dass sich die Brandenburger mit neuen Windrädern direkt vor ihrer Nase arrangieren werden müssen, ist für uns nicht zu tolerieren.

Weshalb nicht?

Die Brandenburger können sich angesichts dramatisch steigender Energiepreise keine weitere Erhöhung mehr leisten. Stattdessen sollte vielmehr bei der Umnutzung ehemaliger Industrieanlagen und im modernen Siedlungsbau das noch ungenutzte Potenzial an Sonnen-, Wasser- und Windenergie in den Vordergrund gerückt werden, deren Nutzung ohne zusätzliche Eingriffe in die Landschaft möglich ist. Stattdessen erfahren die Bürger aber vom Ministerpräsidenten, dass Brandenburg noch mehr Windkraftanlagen und entsprechend neue Trassen braucht. Die Folge wäre, dass unsere einmalige Landschaft in Brandenburg für ein energetisches Linsengericht geopfert wird.

Es geht um Klimaschutz, wo bitte ist der Konflikt zwischen erneuerbaren Energien und Umweltschutz?

Das beste Beispiel ist für mich ein Bauer, der für die Aufstellung einer Windkraftanlage auf seinem Feld eine horrende Pacht erhält. Dass der Mast mit seinen Kunststoffflügel von nun an die Landschaft prägt, in der eine Ortschaft weiter eine Familie eine kleine Pension betreibt, stört weder ihn, noch den im Westen sitzenden Energiebetreiber, denn für sie ist das Geschäft lukrativ. Die Pension aber verliert in der Folge ihre Gäste, die wegen der Ruhe und unberührten Natur nach Brandenburg gekommen waren. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Tourismus in Brandenburg ein zunehmend wichtigerer Wirtschaftszweig ist, braucht es klare Kriterien, die verbindlich aufzeigen, in welchen Fällen Windräder und Stromtrassen mit dem Landschafts-, Natur- und Heimatschutz verträglich sind und in welchen nicht.

Welche Rolle spielt für sie die Braunkohle?

In dem heute von mir abgelehnten Papier ist die Braunkohle nur ein Randthema. Man setzt langfristig lieber auf Gaskraftwerke, bei dem das Thema einer zukünftigen Abhängigkeit von anderen Ländern noch nicht diskutiert wurde. Da die Folgen der heutigen Energie-Entscheidungen unseren Wohlstand in Brandenburg und Deutschland für die kommenden 30 bis 40 Jahre beeinflussen werden, können wir uns keine Schnellschüsse erlauben. In drei Monaten eine abschließende Diskussion über die Energieversorgung von morgen mit all ihren Facetten und zu berücksichtigenden Aspekten zu führen ist in meinen Augen nicht machbar.

Und der Atomausstieg?

Es gibt keinen objektiven Grund, warum sich alle im Bundestag vertretenen Parteien im Stundentakt überbieten in der Frage, wie schnell der Atomausstieg gelingen soll.

Was empfehlen Sie für Brandenburg?

Beim Thema erneuerbare Energien brauchen wir eine ergebnisoffene Forschung made in Brandenburg. Diese ist aber nicht innerhalb von ein paar Monaten mit medienwirksamen Inszenierungen zu bekommen, sondern bedarf jahrelanger kontinuierlicher Unterstützung durch die Politik. Der Schwerpunkt muss in der Wissenschaft gesetzt werden. Genau an dieser Stelle sind aber Kürzungen durch Platzecks Landesregierung vorgesehen, die damit die Grundlage einer nachhaltigen Energiewende in Brandenburg zerstört.

Interview: Alexander Fröhlich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })