zum Hauptinhalt

Brandenburg: Platzeck wirft CDU-Opposition „glatte Lüge“ vor Erneut Streit um Alt-Ministerpräsidenten: Nach dem bezahlten Büro nun um Aufsichtsratsmandat

Potsdam - Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) verwahrt sich gegen Vorwürfe der CDU-Opposition, er verdiene als deutsch-russischer Wirtschaftslobbyist Geld. „Das ist eine glatte Lüge“, sagte Platzeck am Freitag den PNN.

Potsdam - Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) verwahrt sich gegen Vorwürfe der CDU-Opposition, er verdiene als deutsch-russischer Wirtschaftslobbyist Geld. „Das ist eine glatte Lüge“, sagte Platzeck am Freitag den PNN. „Wenn Herr Redmann einen Funken Anstand hat, dann entschuldigt er sich.“ Er setze sich als Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Gesellschaften ein. „Dafür erhalte ich nicht einen einzigen Cent.“ Er zahle vielmehr wie jeder andere den dreistelligen Mitgliedsbeitrag.

Es ist der bisherige Höhepunkt von Auseinandersetzungen um Platzeck im Landtag. Der 61-Jährige, der im Sommer 2013 nach zehn Amtsjahren in Folge eines Schlaganfalls zurückgetreten war, ist dort schon einige Wochen im Visier der Opposition: Bislang hatte sich die Kritik darauf konzentriert, dass für Platzeck immer noch ein von der Staatskanzlei finanzierter Referent arbeitet und ihm die SPD-Landtagsfraktion zudem ein Büro im Landtag stellt – obwohl SPD und Linke 2013 mit der Opposition vereinbart hatten, dass die Landesunterstützung für Platzeck schon im Februar auslaufen sollte.

Nun kommt hinzu, dass Platzeck ein weiteres Aufsichtsratsmandat bei einem in Brandenburg ansässigen Unternehmen übernommen hat, gegen eine unbekannte Vergütung. Es ist nach dem Energieversorger Edis und der Studio Babelsberg AG sein drittes Mandat: Die Leipa Georg Leinfelder GmbH hatte am Vortag mitgeteilt, dass Platzeck den Aufsichtsratsvorsitz des bayerischen Familienunternehmens übernahm, das als führender Papierhersteller in Deutschland gilt und in Schwedt ein Hauptwerk betreibt. Die Firma, einer der wichtigsten Arbeitgeber in der strukturschwachen Uckermark, war 2003 von der Platzeck-Regierung – er war damals ein Jahr Ministerpräsident – mit Millionensummen gefördert worden, wie alle größeren Ansiedlungen im Land. Firmeninhaber Hubert Schrödinger hatte später von Platzeck den Rote-Adler-Orden, die höchste Landesauszeichnung, erhalten.

„Wir sind stolz darauf, dass wir Herrn Platzeck als neues Mitglied der Leipa-Familie gewinnen konnten“, erklärte Schrödinger nun. „In der bevorstehenden Wachstumsphase wird die Leipa bei der erforderlichen Umsetzung unserer Neu-Investitionen wirksam unterstützen können.“ Das Unternehmen plant in Schwedt eine Investition in dreistelliger Millionenhöhe. Schrödinger hatte bei Platzeck, der in der Uckermark seinen Wahlkreis hatte, dort inzwischen zweiten Wohnsitz hat, bereits vor einem Jahr einmal angefragt. Damals lehnte Platzeck noch ab.

Grünen-Fraktionschef Axel Vogel hält die Konstellation für unglücklich, in zeitlicher Nähe zum Regierungsamt vergütete Mandate in einst vom Land geförderten Unternehmen zu übernehmen. „Und das, wenn auch noch gleichzeitig vom Land ein Büro finanziert wird“, sagte Vogel. „Das schadet dem Ansehen der Politik“, so Vogel. „Der Eindruck, dass Politiker davon profitieren, wofür sie sich früher im Amt eingesetzt haben, sollte doch gerade vermieden werden.“ Zudem habe Leipa ganz offen kommuniziert, dass man sich von der Personalie Rückenwind für geplante Investitionen verspreche. „Es fehlt ihm inzwischen der Instinkt, früher hätte er das nicht gemacht“, sagte Vogel. Er erneuerte die Forderung nach einer dreijährigen Karenzzeit, ehe frühere Regierungsmitglieder in die Wirtschaft wechseln dürfen.

Auch die CDU-Landtagsfraktion forderte strengere Regelungen für frühere Regierungsmitglieder, forderte aus Anlass des neuen Platzeck-Mandates eine Verschärfung des Ministergesetzes – eine zweckwidrige Verwendung von Steuergeldern zu Parteizwecken oder für wirtschaftliche Tätigkeiten ehemaliger Ministerpräsidenten soll damit wie bei den strengen Vorschriften des Fraktionsgesetzes ausgeschlossen werden.

In der offiziellen Pressemitteilung griff der parlamentarische Geschäftsführer Jan Redmann auch zu den Formulierungen, die Platzeck als „Lüge“ zurückweist. „Ähnlich Altbundeskanzler Gerhard Schröder“ werde „auch Matthias Platzeck immer stärker als Lobbyist in Sachen deutsch-russischer Wirtschaftsbeziehungen tätig“. Und: „Solche Mandate, mit denen er private Einkünfte erzielt, dürfen nicht auf Kosten des brandenburgischen Steuerzahlers quersubventioniert werden.“ Was die Aufsichtsratsmandate bei Leipa, den Babelsberger Studios und bei Edis mit Russland zu tun haben sollen, wird von Redmann in der Mitteilung nicht erläutert. Auf Nachfrage wies er auf den jüngst publik gewordenen Vermerk der Staatskanzlei hin, wonach Platzeck sein von der SPD-Fraktion bereitgestelltes Büro im Landtag auch für Parteizwecke, für seine lobbyisten-ähnliche Tätigkeiten, für das Deutsch-Russische Forum und diverse Aufsichtsratsmandate nutze. Überdies sei ein Hauptabsatzmarkt des Papierherstellers Leipa eben Russland.

Platzeck selbst äußerte Unverständnis zur Kritik an seinen Tätigkeiten, die zudem fast alle ehrenamtlich seien. Er habe schon bei seinem Rücktritt als Ministerpräsident angekündigt, dass er sich nicht zur Ruhe setzen, zwar „keine 80 Stunden mehr, aber künftig 40 Stunden die Woche“ arbeiten werde. „Die Alternative wäre, nichts zu tun und irgendwo am Strand zu liegen.“ (mit axf)

nbsp;Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false