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Brandenburg: Plötzlicher Sinneswandel

Verkehrsminister Frank Szymanski bewirbt sich nun doch um Amt des Oberbürgermeisters von Cottbus

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Potsdam - Die SPD schickt überraschend Verkehrsminister Frank Szymanski ins Rennen um das Oberbürgermeisteramt in Cottbus. Bisher wollte die Landtagsabgeordnete und stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Martina Münch kandidieren, die seit ihrer Wahl zur Vize-Parteichefin als Hoffnungsträgerin in der Partei gilt. Szymanski, gebürtiger Cottbuser und SPD-Unterbezirkschef, hatte eine Kandidatur bisher abgelehnt.

Seinen plötzlichen Sinneswandel begründete Szymanski gestern damit, dass sich nach der Abwahl der bisherigen Oberbürgermeisterin Karin Rätzel (parteilos) Anfang Juli die Situation in der zweitgrößten Stadt des Landes zugespitzt habe. „Ich habe ein Stückchen gelitten und den Streit in Cottbus mit Sorge gesehen.“ Weil das nicht der notwendige Neuanfang in Cottbus sein könne, habe er sich zur Kandidatur entschieden.

Münch und Szymanski betonten gestern in Potsdam, dass die Entscheidung im Einvernehmen getroffen worden sei. Sie selbst habe Szymanski immer wieder zu überzeugen versucht, anzutreten, so Münch. Nach ihrer Wahl zur Stellvertreterin von Matthias Platzeck an der Brandenburger SPD-Spitze war sie in den letzten Wochen von Medien mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen verglichen worden, die ebenfalls sieben Kinder hat. Sie sei glücklich, dass Szymanski nun kandidiere, sagte Münch, die sich „nicht beschädigt“ sieht. Ministerpräsident und SPD-Landeschef Matthias Platzeck begrüßte die Entscheidung Szymanskis: Er sei aufs Engste mit Cottbus verbunden und „der denkbar beste Mann für dieses Amt“.

SPD-Generalsekretär Klaus Ness bestätigte, dass Matthias Platzeck „in die Entscheidung einbezogen war“. Es habe in den letzten Tagen zwischen allen Beteiligten Gespräche gegeben. Wie Ness weiter sagte, „war nach der Eskalation in der letzten Woche klar, dass in Cottbus eine heftige Auseinandersetzung und Schlammschlacht drohte“. Ness spielte damit auf Filz-Vorwürfe gegen den designierten CDU-Kandidaten und amtierenden Oberbürgermeister Holger Kelch an, der eine städtische Wohnung zu Vorzugskonditionen erworben haben soll. Szymanski sagte dazu gestern, für ihn seien die Vorwürfe geklärt, er werde keine Schlammschlacht führen. Der eigentliche Grund für die Auswechslung waren dem Vernehmen nach allerdings Befürchtungen in der SPD, dass Münch die Wahl gegen den designierten CDU-Kandidaten und amtierenden OB Holger Kelch verlieren würde. Denn CDU, PDS, FDP und andere planen ein kommunales Wahlbündnis, das gestern Abend besiegelt werden sollte. Nach bisherigem Stand wollten PDS und andere Parteien auf einen eigenen Kandidaten verzichten und Kelch mittragen. In der SPD wird kein Hehl daraus gemacht, dass der langjährige Bau- und Verkehrsminister ein „politisches Schwergewicht“ sei und deutlich bessere Chancen als Münch habe, die OB-Wahl in Cottbus zu gewinnen. Szymanski sei jemand, „der über Parteigrenzen hinweg Leute integrieren und ansprechen kann“, so Ness. CDU und PDS reagierten gestern abwartend auf die neue Situation: CDU-Generalsekretär Sven Petke erklärte, die SPD habe Münch aus taktischen Gründen vor die Tür gesetzt. Der Vorgang stehe für „mangelnde politische Kultur in der SPD“. PDS-Landeschef Nord sagte, die SPD habe Münch nicht zugetraut, die Wahl zu gewinnen, die nicht die Unterstützung des Wahlbündnisses habe. Die SPD habe einen Fehler gemacht, als sie sich viel zu früh auf Münch und damit gegen ein breites Wahlbündnis festlegte. Er rate der SPD, sich an dem Wahlbündnis zu beteiligen, so Nord. Szymanski sagte gestern: „Das Bündnis ist noch nicht vereinbart und insofern Bewegung möglich.“

Michael Mara

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