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Von Anne Gottschalk und Steffi Prutean: Polen setzen auf gut und teuer

Umgekehrter Einkaufstourismus / Polnische Kunden werden zum Wirtschaftsfaktor in der Grenzregion

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Görlitz/Frankfurt (Oder)  - Teure Düfte, Uhren, Hifi-Anlagen und Sportartikel - viele Polen können sich den kleinen Luxus jetzt leisten. Die polnische Währung Zloty hatte zuletzt kräftigen Aufwind erhalten. Im Juni erreichte sie einen Rekordstand. Damals gab es 30 Euro-Cent für einen Zloty. Seitdem setzt ein umgekehrter Grenztourismus ein: Polen kommen zum Einkaufen nach Deutschland. Sie schätzen die gute Qualität und stimmige Preise. Jahrelang machten sich überwiegend Deutsche regelmäßig auf den Weg ins Nachbarland, um Benzin und Tabak billig einzukaufen. Jetzt sind immer häufiger Polen in deutschen Einkaufsstraßen zu beobachten.

Im sächsischen Görlitz an der polnischen Grenze erzielt der Handel laut IHK etwa 30 Prozent des Umsatzes durch Polen. Händler in der Frankfurt (Oder) in Brandenburg sprechen von ähnlichen Zahlen. Zu einem wahren Kaufrausch der Polen hat der gute Wechselkurs aber bislang nicht geführt, wie viele Geschäfte in beiden Grenzstädten berichten. „Etwa ein Drittel der Kundschaft kommt aus Polen“, berichtet Karin Schwarz, die eine Parfümerie in der Innenstadt leitet. In dem Laden arbeiten auch polnische Mitarbeiter, um die Sprachbarriere abzubauen.

Mit dem starken Zloty hat einige Polen offenbar auch das Fernweh gepackt. So verzeichnet das Reisebüro im Görlitzer Kaufhaus seit etwa einem halben Jahr eine wachsende Nachfrage. Reisen zu den Kanarischen Inseln und nach Ägypten sind beliebt. Auch Kreuzfahrten wurden schon gebucht.

Das Potenzial der polnischen Kaufkraft haben die deutschen Einzelhändler schon lange entdeckt. Polen gehören seit etwa zehn Jahren zur wichtigsten Zielgruppe. Der Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Görlitz, Christian Puppe, schätzt sogar, dass mittlerweile etwa 25 Prozent der Arbeitsplätze im Handel allein über die polnische Kundschaft gehalten werden.

„Polen lesen Werbeanzeigen für Angebote in Deutschland genau“, ergänzt Christiane Minkley, Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbandes Ostbrandenburg. Viele Geschäfte hätten schon ihre Stammkunden.

Die Stadtverwaltung von Zgorzelec, dem polnischen Teil der Grenzstadt Görlitz, beobachtet ein wechselseitiges Interesse. Der sinkende Euro-Wechselkurs und die starke Position des Zloty könnten das Geschäft auf deutscher Seite zwar beleben, von einem Trend will die Stadt aber nicht sprechen. Vielmehr locke auch auf polnischer Seite eine neue Einkaufspassage immer mehr Kunden beider Länder an.

„Unserer Meinung nach ist nichts Schlimmes daran, dass Einwohner unserer Städte die Möglichkeit haben, zwischen den Angeboten polnischer und deutscher Geschäfte zu wählen“, betont die polnische Verwaltung. Konkurrenzdenken sei hier fehl am Platz.

Anne Gottschalk, Steffi Prutean

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