Von Thorsten Metzner: Politische Bildung für Potsdams Rocker
In der Affäre um den verschwundenen Laptop von Innenminister Speer bringt der „Spiegel“ Biker ins Spiel. Es bleiben Fragen
Stand:
Potsdam - In der von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführten rot-roten Regierung Brandenburgs ist die Sorge vor einem Missbrauch des gestohlenen Laptops von Innenminister Rainer Speer (SPD) groß, da dieser bereits wegen der Finanzaffäre unter Druck ist: Nun gibt es erstmals eine Spur von dem im Oktober 2009 verschwundenen Gerät, auf dem Interna über das Innenleben von SPD und Regierung vermutet werden: Nach einem Bericht des „Spiegel“ ist eine Datensammlung vom Speer-Laptop im Juni 2010 ausgerechnet in der Potsdamer Rockerszene aufgetaucht, die das Material ausgewertet und Medien angeboten habe, offenbar mit Erfolg. Unklar ist, wo das Gerät zwischen Oktober 2009 und Juni 2010 war.
In Potsdam ist es ein offenes Geheimnis, dass Speer-Daten kursieren. Die „Bild“-Zeitung hat bereits versucht, vom Gerät stammendes Material zu veröffentlichen, was Speer mit dem renommierten Medien-Anwalt Johannes Eisenberg über eine einstweilige Verfügung vorerst verhinderte. Am Dienstag findet in dem presserechtlichen Verfahren in Berlin erneut eine Verhandlung statt. „Einen Einbruch in meine Privatsphäre mit Hilfe von illegal beschafften Material werde ich nicht hinnehmen“, so Speers Linie. Die Rechtslage ist so, dass solches Material nur publiziert werden dürfte, wenn sich darin der Verdacht auf eine Straftat findet.
Vor diesem Hintergrund hat Speer, nachdem er von der „Bild“-Zeitung mit Vorwürfen konfrontiert wurde, die sich nach seiner Darstellung auf Laptop–Daten stützen, in eigener Sache Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg eingeschaltet. Im Einverständnis mit den Springer-Journalisten hatte er zuvor das Gespräch mitgeschnitten. „Er hat das Protokoll des Gesprächs unaufgefordert zur Prüfung geschickt“, bestätigte Rautenberg am Sonntag den PNN. „Ich habe es der Potsdamer Staatsanwaltschaft zur Prüfung gegeben. Sie kam zum Ergebnis, dass daraus kein Anfangsverdacht auf eine Straftat herzuleiten ist.“ Einzelheiten nannte er nicht.
Es geht nicht um irgendeinen Laptop. Speer gilt als graue Eminenz der Lands-SPD, als engster Vertrauter Platzecks, direkt beteiligt etwa an zentralen Personalentscheidungen. Er war es, der etwa die frühere DDR–Opppositionelle Ulrike Poppe als erste Stasi-Beauftragte gewann. Auf dem Laptop hatte er etwa den Stabwechsel von Ministerpräsident Manfred Stolpe zu seinem Nachfolger Platzeck im Jahr 2002 vorbereitet. Den Inhalt der Festplatte beschrieb Speer so: „Es handelt sich um private und dienstliche E-Mails, dienstliche Unterlagen, Material der SPD des Landes sowie der Vereine, in denen ich ehrenamtlich tätig bin.“
Um so dramatischer war der Verlust des Gerätes, das Speer am 30.Oktober 2009 als gestohlen gemeldet hatte. Es war die Zeit der rot-roten Koalitionsverhandlungen. Speer vermutete, dass es aus dem in der Potsdamer Parkstraße für eine halbe Stunde geparkten Wagen – er war nach eigenen Angaben spazieren – gestohlen wurde. Allerdings fand die Polizei am Wagen keinerlei Einbruchspuren. In Ermittlerkreisen gab es auch die Vermutung, dass Speer das Gerät verloren oder vergessen haben könnte.
Laut „Spiegel“ wurden die im Sommer 2010 dann eingestellten Ermittlungen wegen „schweren Diebstahls“ schlampig geführt, nicht einmal Anrainer der Parkstraße als Zeugen vernommen, obwohl ihr ein befreundeter Unternehmensberater lebt. Ein Versuch, das Gerät elektronisch zu orten, war gescheitert. Speer selbst habe aber auch nicht angegeben, dass er nicht allein spazieren war, als ihm der mobile Computer abhanden kam.
Laut „Spiegel“ versuchten die Rocker auf verschiedenem Wege nach Medien-Abnehmern, unter anderem über einen befreundeten Geschäftsmann, der Speers Vorgänger gut kenne, Ex-Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), der aber nichts unternommen haben will. Speer betont weiter, „nicht erpressbar“ zu sein.
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