Rocker-Kriminalität: Polizeigewerkschaft warnt vor Macht der Rockerbanden
Bund und Länder prüfen Verbote. In der Region Berlin-Brandenburg ist der Frieden zwischen den Clubs brüchig.
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Potsdam/Berlin - Eine bundeseinheitliche Regelung für Verbote krimineller Rockergruppen wie die Hells Angels, Bandidos, Mongols oder Gremium wird immer wahrscheinlicher. Am Dienstag forderte der Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Potsdam von Bund und Ländern ein schärferes Vorgehen gegen kriminelle Rockerbanden. GdP-Chef Bernhard Witthaut sagte: „Wann immer es mit erfolgversprechenden Ermittlungsergebnissen unterlegt ist, sollten einzelne Rockerclubs verboten werden.“ Das Bundesinnenministerium prüft derzeit die Chancen für eine Verbotsregelung. Entschieden werden soll darüber nach PNN-Information bis zum Sommer.
Die verfeindeten Bruderschaften bereiten sich inzwischen auf ein Verbot vor und erwägen eine Allianz. Denn juristisch haben sie kaum eine Chance. Die Innenminister der Länder sind bereits seit zwei Jahren mit dem Thema befasst. Auch Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) prüft ein Verbot von Rockerbruderschaften. Brandenburg hatte bereits frühzeitig im Sommer 2009 unter CDU-Innenminister Jörg Schönbohm ein deutliches Signal gesetzt und den Chicanos MC Barnim, eine Unterstützer-Gruppierung der Bandidos in Eberswalde, verboten. Rückendeckung für diese harte Linie kommt auch von der Justiz. Mehrere oberste Verwaltungsgerichte in Brandenburg, Schleswig-Holstein und zuletzt im Januar in Baden-Württemberg bestätigten die wegen blutiger Auseinandersetzungen zwischen der Rocker- und der Türsteherszene verfügten Verbote. Inzwischen gilt allein schon das strafrechtlich relevante Verhalten von Anwärtern und Unterstützern als ausreichend, sofern es Vereinsbezug hat.
Laut dem Lagepapier der GdP dominieren die Bruderschaften immer stärker den organisierten Rauschgift- und Menschenhandel und die Rotlichtkriminalität. Zudem übe das Rockermilieu mit seinen „Outlaw-Botschaften“, der Abkehr von staatlicher Ordnung und der Willkür eigener Regeln eine hohe Anziehungskraft auf Jugendliche in Subkulturen „insbesondere mit Migrationshintergrund“ aus. Der 2010 vereinbarte Frieden zwischen Bandidos und Hells Angels sei nur vorgeschoben, tatsächlich sei die Zahl der Ermittlungsverfahren stark angestiegen, es gebe weiter massive Übergriffe. Laut Bundeskriminalamt (BKA) gab es 2010 bei jedem zehnten Verfahren wegen organisierter Kriminalität Bezüge zu Rockern.
In den vergangenen Wochen hatte die Polizei mehrfach Wohnungen und Clubhäuser durchsucht. In Berlin haben sich konkurrierende Rocker zuletzt wieder heftig bekämpft – trotz des Friedens. Im Oktober 2011 hatten mutmaßliche Unterstützer der Hells Angels versucht, ein Vereinsheim der Bandidos anzuzünden. Zuvor war auf ein Tattoostudio der Bandidos geschossen worden. In Königs Wusterhausen hatte ein 28-jähriger Hells Angels-Anwärter zu Weihnachten einen 26-jährigen Gremium-Rocker mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Vor drei Jahren war der Kampf zwischen den Bruderschaften in der Region schon einmal eskaliert, es geht um Machtansprüche im Drogenhandel, in der Türsteherszene und im Tattoogewerbe. Im Juni 2009 hatte Bandidos-Mitglieder in Finowfurt vier Hells Angels mit Macheten attackiert und einem fast ein Bein abgetrennt. Aus Mangel an Beweisen wurden sie im Februar freigesprochen.
In Brandenburg gibt es rund 300 Mitglieder Motorradsclubs. Am häufigsten werden sie in Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt, Cottbus und Potsdam meist mit Drogenhandel, Gewaltdelikten und Waffenbesitz auffällig. Die Szene ist seit 2010 stark in Bewegung geraten. Ermittlern zufolge ist die Zahl der Unterstützerclubs und ihrer Mitglieder, die als aggressive Handlanger gelten, stark gestiegen.
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