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Ohne Bauschild. Gerade wird das Karli, das Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion aus Mitteln des Konjunkturpaketes II saniert. Vorständler von Babelsberg 03  Präsident ist Innenminister Rainer Speer  waren an dem umstrittenen Geschäft mit der Krampnitzer Kaserne beteiligt.

© Bernd Settnik/dpa

Von Thorsten Metzner: Potsdamer Beziehungen

Verkauf der Krampnitz-Kaserne bei Preis, Fristen und Investitionsverpflichtungen fragwürdig

Stand:

Potsdam - In der Affäre um den Verkauf der Kasernen in Potsdam-Krampnitz in der Amtszeit des früheren Finanzministers Rainer Speer (SPD) hat Brandenburgs Finanzministerium jetzt eine Überprüfung eingeleitet. „Wir untersuchen den gesamten Vorgang“, erklärte Sprecherin Ingrid Mattern. Mit Ergebnissen sei „nicht vor Mitte nächster Woche“ zu rechnen. Bislang gehe das Ministerium immer noch davon aus, dass die Vorwürfe „unbegründet“ sind, also bei der Veräußerung der 112 Hektar großen Landesimmobilie alles korrekt gelaufen ist.

Allerdings werden nach PNN-Recherchen immer mehr Details, Widersprüche und Merkwürdigkeiten bekannt, die daran zweifeln und den Verdacht erhärten lassen, dass dem Land ein Schaden in Millionenhöhe und weitere Nachteile entstanden sind. Da wäre der Kaufpreis. Brandenburg kassierte für die 112 Hektar mit früheren russischen Kasernen knapp vier Millionen Euro. Grundlage sei ein Wertgutachten eines öffentlich vereidigten Gutachters gewesen, so das Finanzministerium. Nach einem den PNN vorliegenden Wertgutachten, das ein ebenfalls vereidigter Wertgutachter aus Berlin am 6. August 2007 im Auftrag der dänischen Thylander-Gruppe erstellte, hatte der Käufer damit ein Schnäppchen gemacht: Dieses Gutachten bezifferte den Wert des nur drei Wochen vorher vom Land für knapp vier Millionen Euro verkauften Grundstücks plötzlich mit 25 Millionen Euro. Dieses Gutachten für die neuen Eigner ging zudem von tatsächlichen Abbruch- und Entsorgungskosten in Höhe von 2,3 Millionen Euro aus. Das Land hatte zuvor freilich beim Kaufpreis einen Abschlag von vier Millionen Euro für Abbruch- und Abrissarbeiten gewährt. Den Zuschlag für die Landesimmobilie hatte die TG Potsdam erhalten, dem Haushaltsausschuss des Landtages als Tochter der dänischen Thylander Gruppe vorgestellt, weil sie mit fünf Millionen Euro das höchste Gebot abgegeben hatte. Warum real nur knapp vier Millionen Euro flossen, ist ebenfalls unklar. Nach PNN-Informationen war zudem ein Jahr später, im September 2008, der Kaufpreis noch nicht einmal bezahlt.

Und da wären die Verpflichtungen für den neuen Eigentümer der Immobilie, die jetzt immer noch brach liegt, obwohl die TG Potsdam eine 500-Millionen-Investition versprach: Nach dem Kaufvertrag ist sie vertraglich nur zu einer Investition von mindestens fünf Millionen Euro verpflichtet und hat dafür auch noch bis zum Jahr 2023 Zeit. Das steht wegen der geringen Summe und dem langen Zeitraum nach PNN-Informationen im Widerspruch zur langjährigen Verkaufspraxis der Brandenburgischen Bodengesellschaft (BBG). Die setzte vor ihrer Privatisierung im Jahr 2006 üblicherweise Fristen von fünf bis maximal zehn Jahren.

Als die BBG diese Immobilie verkaufte, war sie freilich keine Landesfirma mehr. Sie verkauft – der Ende 2009 auslaufende Vertrag wurde im Vorjahr bis 2013 verlängert – im Auftrag Brandenburgs landeseigene frühere Militärflächen. Und damit rücken personelleVerflechtungen ins Blickfeld – alle rings um den Fußballverein SV Babelsberg 03. Neuer Eigentümer der BBG ist seit 2006 nämlich die Firma TVF Altwert mit dem Geschäftsführer Frank Marczinek, der im Vorstand des Vereins unter Präsident Speer sitzt. In seine Amtszeit als Finanzminister fiel auch die BBG-Privatisierung.

Im SVB-03-Vorstand sitzt auch der Unternehmensberater Thilo Steinbach, ebenfalls ein direkt Beteiligter beim Krampnitz-Projekt, ebenfalls mit Speer befreundet. Er verhandelte mit dem Potsdamer Rathaus, etwa mit der früheren Baubeigeordneten Elke Kuick-Frenz (SPD) über den Bebauungsplan für das Areal. Er vertrat beim Projekt – laut Unterlagen – das Potsdamer Planungsbüro Kock & Lünz des bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Architekten Moritz Kock, das auch ein Entwicklungskonzept für die 112-Hektargroße Immobilie in Krampnitz erstellte. Womit sich Kreise schließen: Das Ingenieurbüro Kock & Lünz erhielt jüngst den Planungsauftrag für das Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion, das derzeit auf Grundlage eines Regierungsbeschlusses für acht Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II saniert wird. Bauherr ist der von Speer geführte Verein Babelsberg 03, für den Bau verantwortlich ist Vorstandsmitglied Marczinek. Das sonst bei öffentlich finanzierten Vorhaben übliche Bauschild, welches Planungsbüro, welche Firmen eigentlich das Stadion für den SV Babelsberg 03 und die Frauenfußballer von Turbine Potsdam unter Präsident SPD-Sozialminister Günter Baaske sanieren, sucht man an der Baustelle übrigens vergeblich.

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