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Brandenburg: Prozessbeginn: Baby nach Geburt erstickt

22-Jährige wegen Totschlags vor Gericht

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Potsdam - Die junge Frau ließ ihrem Baby keine Chance. Gleich nach der Geburt erstickte sie den Jungen mit einem Handtuch. Dann packte sie den Leichnam in eine Plastiktüte, die sie zunächst in einem Schrank versteckte. Später brachte sie das tote Baby in ein Abbruchhaus in Nauen. Der Hauseigentümer fand das Bündel zwei Monate später durch Zufall und alarmierte die Polizei. Die brauchte nur zwei Tage bis zur Festnahme der Mutter. Seit gestern muss sich die junge Frau wegen Totschlags vor dem Landgericht Potsdam verantworten.

Die 22-jährige Anne G. wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Sie kommt direkt aus der Untersuchungshaft im südbrandenburgischen Duben. Seit Februar wartet sie sie dort auf ihren Prozess und wirkt sichtlich irritiert, als sie die Fernsehteams, Fotografen und Reporter im Saal sieht. Die Frau mit den dunklen Haaren flüchtet sich zu ihrem Anwalt und dreht den Kameras den Rücken zu.

Die Verlesung der Anklageschrift dauert keine zwei Minuten. Der Staatsanwalt wirft der Angeklagten vor, Mitte Dezember vergangenen Jahres einen Menschen getötet zu haben, „ohne Mörder zu sein“. Die Details der schrecklichen Tat folgen. Anne G. blickt starr gegen eine Wand und nickt, als der Richter sie direkt anspricht. Ja, sie wolle sich zu dem Vorwurf des Totschlags äußern. Während ihrer Vernehmung in der Untersuchungshaft hat sie die Tat bereits gestanden. Doch der erste von insgesamt fünf vorgesehenen Prozesstagen endet noch vor einer Befragung der Angeklagten. Die Abwesenheit eines psychiatrischen Gutachters zwingt den Richter zur Vertagung auf den 14. August.

Bei einer Verurteilung wegen Totschlags droht der Angeklagten eine Haftstrafe bis zu 15 Jahren. „Die Staatsanwaltschaft hat bisher keine Merkmale eines Mordes festgestellt“, sagt der Pressesprecher des Landgerichts Potsdam nach der Sitzung. Er schloss auch eine Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe nicht aus.

Der jungen Frau aus Nauen geht es nach Meinung ihres Anwaltes Matthias Schöneburg „sehr schlecht“. Sie komme aus geordneten sozialen Verhältnissen und habe keinerlei Erfahrungen mit der Haft. Das Tatmotiv sei völlig unklar. Möglicherweise hätten die schlechten Erfahrungen nach der Geburt ihres ersten Kindes eine Rolle gespielt, nach der sie vor einigen Jahren ihren Arbeitsplatz verloren hatte. Ihr jetziger Lebensgefährte habe von der Schwangerschaft nichts bemerkt. Nun müsse der Gutachter die Schuldfähigkeit seiner Mandantin beurteilen. Claus-Dieter Steyer

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