
© Andreas Markus
Brandenburg: Pünktliche Dreistigkeit
Kurz vorm Umzug der Schließfächer in eine andere Filiale wurde in Berlin eine Bank ausgeraubt
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Berlin - Die Täter kamen kurz vor Mitternacht. Sie durchquerten den Vorraum mit den Geldautomaten, hebelten schnell die Glastür zu den dahinterliegenden Bankräumen auf, überwältigten den Wachmann und fesselten ihn an einen Stuhl: Derart dreist gingen vier maskierte Männer vor, die in der Nacht zum Montag die Filiale der Berliner Sparkasse neben dem Wintergarten-Varieté an der Potsdamer Straße in Tiergarten überfielen und 40 Schließfächer ausräumten. Bevor sie zu dem Tresorraum vordrangen, der durch eine weitere Tür gesichert war, durchwühlten sie die Geschäftsräume der Bank. Schließlich flüchteten sie mit ihrer Beute unerkannt. Der 28-jährige Wachmann konnte sich selbst befreien und die Polizei alarmieren.
In der Filiale ist in der Vergangenheit schon zweimal nachts eingebrochen worden, zuletzt vor einem halben Jahr. Dem Vernehmen nach gelang es den Tätern dabei aber nicht, Schließfächer oder Geldautomaten zu knacken. Durch diese Brüche alarmiert, engagierte die Sparkasse einen Wachschutz, dessen Mitarbeiter rund um die Uhr in der als besonders gefährdet angesehenen Niederlassung im Einsatz waren. Zugleich bemühte sich die Bank offenbar darum, die Schließfächer der Filiale möglichst rasch an einen anderen, baulich besser gesicherten Standort zu verlegen. Die Kunden waren bereits vor einigen Wochen informiert worden, dass sie voraussichtlich neue Fächer in einem Tresor am Nollendorfplatz erhalten würden. Der Umzug dorthin sollte am Donnerstag erfolgen.
Am Dienstag bekamen die Kunden nun die Nachricht vom Aufbruch ihrer Depots. Sie müssen nun nachsehen, was verschwunden ist. In Schließfächern werden meist wertvolle Schmuckstücke aufbewahrt, wichtige Datenträger, Urkunden und Papiere wie Grundbuchauszüge oder besondere persönliche Erinnerungen. Viele dieser Dinge sind unersetzbar, ihr Verlust ist für die Kunden besonders schmerzhaft. Für den rein finanziellen Verlust kommt die Versicherung auf, meist werden die Fächer bis zu einem Wert von 30 000 Euro versichert. Bargeld darf in Depots generell nicht aufbewahrt werden, dazu muss sich jeder Kunde verpflichten. Legt er es dennoch ins Depot, wird es nicht ersetzt. Die Berliner Sparkasse hat in ihren Filialen 50 000 Schließfächer. Die Sicherheitsvorkehrungen sind bei allen Banken gleich: Das Fach selbst ist mit einem Spezialschloss versehen, zu dem es nur zwei Schlüssel gibt. Den einen hat der Kunde, den anderen die Bankfiliale. Ein Bankmitarbeiter kann aber nur mit dem Kunden gemeinsam das Fach öffnen. Wie die Räuber die Depots an der Potsdamer Straße aufgebrochen haben, wollte die Polizei am Dienstag nicht sagen. Zumeist nutzen die Täter dafür Trennschleifer. So gingen die Einbrecher vor, die 2008 bei einem spektakulären nächtlichen Coup am Ku’damm 100 Schließfächer der Commerzbank ausräumten. 2009 brachen dann mehrere Täter am Nachmittag unbemerkt 20 Schließfächer in der Volksbank am Hermannplatz auf. Einer von ihnen war Schließfachkunde. Deshalb durfte er alleine zum Tresorraum. Christoph Stollowsky
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