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Brandenburg: Quartier 206: Jagdfeld unter Zeitdruck

Ladenpassage soll zwangsversteigert werden. Die Mitarbeiter sind überrascht.

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Berlin - In den Luxusgeschäften im Quartier 206 in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte war die Überraschung am Freitag groß: Erst aus der Zeitung hatten Mitarbeiter verschiedener Läden von der gerichtlich angeordneten Zwangsversteigerung des Geschäftshauses erfahren. Ihre Umsätze im Handel seien gut und wohl kaum die Ursache für die Probleme der Firmengruppen des Immobilienunternehmers Anno August Jagdfeld und seiner Familie, sagten Beschäftigte mehrerer Läden.

Der Luxuswarenhersteller Louis Vuitton werde seine Filiale im Quartier 206 bald räumen, sagte Sprecherin Anja Kaehny. Es gebe jedoch „keinen Zusammenhang“ mit der Entwicklung, sagte Kaehny. „Der Mietvertrag läuft Ende dieses Jahres aus.“ Dafür wolle Louis Vuitton seinen Shop im KaDeWe am Wittenbergplatz bis November vergrößern und 2013 auch in den eigenen Laden am Kurfürstendamm investieren. Mit zwei Läden sei Berlin „gut abgedeckt“. Zudem lobte die Sprecherin die City-West: „Am Ku’damm passiert einiges im Luxussegment.“ Dem Einzelhandelsverband seien keine besonderen Probleme von Ladenmietern im Quartier 206 bekannt, sagte Hauptgeschäftsführer Nils Busch-Petersen. Ähnlich äußerte sich die Interessengemeinschaft Friedrichstraße.

Im Quartier 206 waren am Freitag nur wenige Besucher zu sehen. Eine geringe Kundenfrequenz sei im Luxussegment normal, sagte Jagdfelds Sprecher Christian Plöger, dafür seien die Umsätze pro Kunde besonders hoch. Bei Strenesse sagte eine Mitarbeiterin, man sei „sehr zufrieden“. Im Modegeschäft Moschino hieß es, man habe viele Stammkunden. Die Modemarke Etro aus Mailand hat laut einem Mitarbeiter erst vor Kurzem ihren Mietvertrag verlängert. Im unteren Geschoss stehen dagegen zwei Läden leer.

Die Zeit läuft ab für den Eigentümer des Quartiers 206. Wie berichtet hat das Amtsgericht Mitte auf Betreiben der Gläubiger die Zwangsversteigerung angeordnet. Die Eigentümerfirma aus Jagdfelds familiärem Umfeld bekräftigte zwar am Freitag, die Zwangsversteigerung werde „nicht kommen“. Doch Herr des Verfahrens ist nicht mehr er – Zwangsverwalter und Amtsgericht entscheiden nun. Sobald dem Gericht ein Wertgutachten vorliegt, kann es einen Termin für die Versteigerung anberaumen, an dem der Hammer fällt und der Meistbietende die Immobilie erhält.

Bis zum Tag der Auktion hat Jagdfeld noch Zeit, die Forderungen seiner Gläubiger zu erfüllen. Schulden in Höhe von rund 140 Millionen Euro stehen im Grundbuch. Möglicherweise fordern die Gläubiger außerdem noch Zinsen dazu. Und über die Nutzung der Immobilie entscheidet der Zwangsverwalter außerdem. Das Geflecht der Jagdfeld-Firmen, die sowohl das Gebäude besaßen als auch viele Flächen darin nutzten, ist zerschlagen. Der Zwangsverwalter agiert im Sinne der Gläubiger, achtet auf maximale Erträge und die Erfüllung von Verträgen. Dies könnte zu Veränderungen bei der Mieterschaft führen. Cay Dobberke/Ralf Schönball

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