Brandenburg: Radsport-Teufel baut ein Museum
Der 52- jährige Erfinder Dieter Senft stellt rund 200 fahrfähige Ungetüme aus
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Der 52- jährige Erfinder Dieter Senft stellt rund 200 fahrfähige Ungetüme aus Von Jürgen Strauß Storkow. Die Adresse, wo bald eine brandenburgische Attraktion neu eröffnet, klingt nach Übersee: Gewerbegebiet Neu Boston bei Philadelphia. Hier, im Landkreis Oder-Spree, richtet Radsport-Teufel Dieter „Didi“ Senft derzeit ein Museum ein. Der 52- jährige Erfinder unmöglicher Fahrerräder hat eine 36 mal 21 Meter große Halle gebaut, in der rund 200 fahrfähige Ungetüme zu besichtigen sind. 17 davon haben in den vergangenen Jahren den Weg in das Guinness-Buch der Rekorde gefunden. Bekannt geworden ist Senft vor allem durch seine Auftritte im Teufelskostüm bei großen Radrennen. „Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich das Kostüm schon habe. Mit dem habe ich sogar schon im Sommer unter der Dusche gestanden.“ Giro d''Italia, Tour de France, Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele – irgendwo an der Strecke ist Didi immer zu finden. Denn feuert er mit seinem Dreizack als Beelzebub die Großen der Szene an – meistens im Blick der Fernsehkameras. Viele der Radprofis lieben den graubärtigen Brandenburger nicht allzu sehr, denn er sucht sich häufig die schweren Stellen aus. So kommt es immer wieder vor, dass sich der eine oder andere Rennfahrer bekreuzigt, wenn er unerwartet vom „Teufel“ angefeuert wird. Schon vor 30 Jahren verabschiedete sich der ehemalige Jugendrennfahrer aus Kolpin bei Fürstenwalde von seinem Traum, selbst einmal als Spitzenfahrer einen Anstieg wie die Steile Wand von Meerane oder die Himmelsleiter im Riesengebirge in einem Fahrerfeld hinaufzuklettern. An Berge wie den Tourmalet oder den Anstieg nach L''Alpe d''Huez war zu DDR-Zeiten erst recht nicht zu denken. Senft erfüllte sich stattdessen einen anderen Traum: Er baute Räder und erstritt damit schon zu DDR-Zeiten den Berufsausweis als „Unterhaltungskünstler“. „Das war nicht leicht, denn ,Spinnereien“ standen auf keiner Liste der anerkannten Berufe.“ Ob ein Rad, auf dem man während der Fahrt mit einem Partner Schach spielen konnte, ein Gefährt für 20 Leute, ein Hochrad wie ein zweistöckes Haus oder eine Rikscha mit Trabant-Fahrgastraum – Senft wartet bis heute in jeder Saison mit neuen Ideen auf. „Bauen kann ich allerdings nur im Winter, im Sommer bin ich auf Achse.“ Die Produkte seiner Fantasie füllten ein immer enger werdendes Festzelt im Garten seines Wohnhauses in Kolpin – bis es aus allen Nähten platzte. Didi musste sich vergrößern und zog nach Neu Boston. Das Museum, das vom Mai dieses Jahres an seine Frau an zwei Tagen in der Woche betreiben will, soll auch ein wenig Geld in die Kasse spülen. Der Radteufel kann zwar seit Jahren auf die Unterstützung eines Sponsoren (LUK) bauen, aber damit sind nur die gröbsten Ausgaben zu decken. Auch in diesem Sommer wird er sich wieder in seinem Kleinbus mit dem großen Radanhänger aufmachen, um zwischen Giro, Friedensfahrt, Tour de Suisse, Deutschland-Rundfahrt und Tour de France zu pendeln. Dann lebt Didi wie immer aus der Konserve, denkt an seine Familie und freut sich auf den Herbst, wenn er wieder zu Hause sein kann. Inzwischen tritt bereits Enkel Tom in Opas Fußstapfen und tritt als Teufel auf. Als Bühne dienten dem Nachwuchs schon das Berliner Sechstagerennen oder auch die Brandenburg-Rundfahrt.
Jürgen Strauß
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